IT-Recht Serie - Teil 7: Wettbewerbsrecht
Aktuelle Urteile zum Verstoß gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) beschäftigen sich mit dem werblichen Charakter von Influencer-Marketing und Software-Updates bei (angeblichen) Sicherheitsmängeln.
Influencer Marketing
Sind Instagram-Posts Werbung? Darüber wird schon seit einigen Jahren gestritten. Inzwischen gibt es dazu zahlreiche, mitunter divergierende Gerichtsentscheidungen.
Bei der Frage nach dem werblichen Charakter von Posts geht es vor allem um sogenannte „Tap Tags“. Diese erscheinen auf Instagram beim Anklicken von Bildern. Damit lassen sich Produkte, etwa Kleidung oder Kosmetik, markieren und direkt mit Unternehmen oder Händlern verlinken.
BGH-Grundsatzurteile
In drei Grundsatzurteilen hat der BGH über die wettbewerbsrechtlichen Anforderungen an die Kennzeichnung dieser Verlinkungen als Werbung entschieden (Urteile vom 9. September 2021). Endgültige Klarheit bringen auch diese Entscheidungen nicht, weil die Beurteilung stets am Einzelfall hängt. Wenn danach ein Influencer für den Post eine Gegenleistung erhält, dann stellt diese Veröffentlichung eine geschäftliche Handlung zugunsten des beworbenen Unternehmens dar. Die Gegenleistung muss dabei nicht zwangsläufig Geld sein, sondern kann auch in Form von Produktgeschenken, Preisnachlässen, Reisen oder sonstigen Vorteilen bestehen.
Der Gesamteindruck zählt
Fehlt die Gegenleistung, ist die Beantwortung der Frage hingegen davon abhängig, wie der Gesamteindruck des Beitrags ist. Wenn er überwiegend werblich ist, dann lässt er sich ebenfalls als geschäftliche Handlung zugunsten des beworbenen Unternehmens auslegen. Das Gericht spricht in diesem Fall von „werblichem Überschuss“. Dabei müssen sämtliche Umstände des jeweiligen Einzelfalls und das Zusammenwirken der Gestaltungsmerkmale betrachtet werden. Das Vorhandensein von Tap Tags allein reicht dazu nicht aus. Vielmehr sind Produktfotos, der redaktionelle Kontext und die Verlinkung mitzubetrachten.
Wenn ein Influencer nur postet, um eigene wirtschaftliche Interessen zu verfolgen, soll dies legitim sein und nicht als werblich zu bewerten sein. Aufgrund der zahlreichen Kriterien, die im Einzelfall für die Bewertung heranzuziehen sind, blieb trotz der BGH Urteile Unsicherheit und Auslegungsspielraum.
UWG-Novelle präzisiert Rechtslage
Diese offenen Fragen wurden durch die jüngste UWG-Novelle weiter präzisiert. Am 28.05.2022 sind Regelungen zur Stärkung des Verbraucherschutzes im Wettbewerbs- und Gewerberecht in Kraft getreten. In der Neuregelung des § 5a Abs. 4 stellt das UWG klar, dass unlauter handelt, wer den kommerziellen Zweck einer geschäftlichen Handlung nicht kenntlich macht und den Verbraucher so zu einer Kaufentscheidung verleitet. Die Kennzeichnungspflicht besteht nur dann nicht, wenn der Influencer kein Entgelt oder keine entsprechende Gegenleistung erhält. Das Gesetz geht dabei grundsätzlich von einer Gegenleistung aus. Eine entsprechende Ausnahme müsste der Influencer nachweisen.
Software-Updates
Zu Irreführungen beim Erwerb von Software hat das OLG-Urteil mit Urteil vom 23. Januar 2020 die Weichen gestellt. Das Aufdrängen eines Upgrades wegen angeblicher Sicherheitsprobleme ist wettbewerbswidrig. Im konkreten Fall wurde ein Chirurg, der das Programm nutzte, darauf hingewiesen, dass die von ihm verwendete Software aufgrund von Sicherheitsmängeln ohne Upgrade nicht mehr benutzt werden dürfe. Das Software-Unternehmen wies darauf hin, dass wegen Fehlens eines Upgrades die Sicherheit der Patienten über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaften vertretbares Maß hinaus gefährdet sei.
Eine geschäftliche Handlung ist nach dem UWG irreführend, wenn sie unwahre Angaben oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über die im Gesetz aufgeführten Umstände beinhaltet. Genau dies sah das OLG München in diesem Fall als erwiesen an. Normalerweise trägt die Klagepartei die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der behaupteten Tatsache. An dieser Stelle gibt es dann Darlegungs- und Beweiserleichterungen, soweit es um die Aufklärung von Tatsachen geht, die in den Verantwortungsbereich der Beklagtenseite fallen.
Ob das Weiterverwenden einer Software ohne Upgrade ein Sicherheitsrisiko darstellt, kann nur der Softwarehersteller beantworten. Dessen Argumentation konnte das Gericht nicht überzeugen.
Angesichts dieser Entwicklungen in der Gesetzgebung und Rechtsprechung sollten Unternehmen Upgrade-Verpflichtungen kritisch hinterfragen. Wir unterstützen Sie dabei und beraten bei allen Aspekten im Wettbewerbsrecht. Dabei helfen wir ihnen, die aktuellen Entwicklungen im Blick zu behalten, relevante Themen zu identifizieren und vertraglich zu regeln.
IT-Recht aktuell_Serie:
• Maren Bianchini: Überblick IT-Rechtsentwicklung
• Maren Bianchini: II. IT-Sicherheit
• Michaela Witzel: III. IT-Vertragsrecht
• Maren Bianchini: IV. KI & X. E-Justice
• Danielle Hertneck: V: Urheberrecht
• Danielle Hertneck: VI. Geschäftsgeheimnisrecht
• Danielle Hertneck: VII. Wettbewerbsrecht
Danielle Hertneck,
Fachanwältin für IT-Recht, Fachanwältin für Gewerblichen Rechtsschutz
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