IT-Recht Serie - Teil 6: Geschäftsgeheimnisrecht

Geheimnisse sind im Geschäftsleben ein wichtiger Wettbewerbsfaktor. Aber wann ist eine Information auch geheim? Antworten darauf liefert das Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen. Es wurde am 21. März 2019 beschlossen und konkretisiert die seit 9. Juni 2018 geltende EU-Richtlinie zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen. Im sechsten Teil unserer Reihe zum IT-Recht werfe ich einen Blick auf aktuelle Urteile, die sich mit Fragen der Geheimhaltung beschäftigen.

Kein Geheimnis ohne Geheimhaltungsmaßnahmen

Ohne Geheimhaltungsmaßnahmen gibt es kein Geheimnis. Und wo es kein Geschäftsgeheimnis gibt, dort existiert auch kein Anspruch auf Unterlassung. So hat das Landesarbeitsgericht Düsseldorf in einem Urteil vom 30. Juni 2020 entschieden (12 SaGa 4/20). Dabei ging es um die privaten Aufzeichnungen eines Arbeitnehmers über Kundenbesuche und Kundendaten. Die Richter sahen diese Informationen als Geschäftsgeheimnisse an, ebenso wie Kundenlisten mit Kundendaten und Absatzmengen. Solche Aufzeichnungen setzen angemessene Geheimhaltungsmaßnahmen voraus. Ohne entsprechende Maßnahmen fehlt es am Geschäftsgeheimnis und es besteht kein Unterlassungsanspruch gegen den Verwender.

Nach Ansicht der Richter können angemessene Geheimhaltungsmaßnahmen auch in vertraglichen Vereinbarungen liegen. Es reicht jedoch nicht aus, eine Vereinbarung zu treffen, die ohne Konkretisierung schlicht alle Angelegenheiten und Vorgänge für geheimhaltungsbedürftig erklärt. Insbesondere, wenn sich diese ausdrücklich auch auf solche Vorgänge bezieht, die keine Geschäftsgeheimnisse sind.

Was ist branchenüblich?

Geheimhaltungsmaßnahmen begründen nur dann Schutz, wenn sie angemessen sind. Einen wichtigen Anhaltspunkt für die Angemessenheit bilden dabei branchenübliche Sicherheitsstandards. Wer zum Beispiel ein Datenleck in Kauf nimmt, muss damit rechnen, dass im Streitfall die Richter zum Schluss kommen, dass kein angemessenes Schutzniveau vorliegt. Dies ist etwa dann der Fall, wenn Mitarbeiter Dateien ohne Passwortschutz auf privaten Datenträgern abspeichern können oder wenn Dokumente nicht gegen unbefugten Zugriff gesichert sind. So hat es das OLG Stuttgart im Urteil vom 19. November 2020 entschieden (2 U 575/19). Aus Sicht der Richter ist entscheidend, ob und in welchem Umfang der Geheimnisinhaber im Vorfeld sinnvolle und effiziente Maßnahmen getroffen hat, um die Informationen zu schützen.

Ob Schutzmaßnahmen angemessen sind, lässt sich anhand folgender Punkte beurteilen:

• Der Wert des Geschäftsgeheimnisses und dessen Entwicklungskosten,
• die Art der Informationen,
• die Bedeutung für das Unternehmen,
• die Größe des Unternehmens,
• die üblichen Geheimhaltungsmaßnahmen im Unternehmen,
• die Art der Kennzeichnung der Informationen,
• die vereinbarten vertragliche Regelungen mit Arbeitnehmern und Geschäftspartnern.

Als Mindeststandard folgt daraus, dass relevante Informationen nur Personen anvertraut werden dürfen, die diese Informationen für das Erfüllen ihrer Aufgaben benötigen und die zur Verschwiegenheit verpflichtet sind. Außerdem müssen diese Personen von der Verschwiegenheitsverpflichtung Kenntnis haben.

Im Streitfall werden die Maßnahmen als Ganzes betrachtet und dahingehend beurteilt, ob ein angemessenes Schutzniveau vorliegt. Angesichts dieser Entwicklungen in der Rechtsprechung zum IT-Recht sollten Unternehmen den Umfang Ihrer Schutzmaßnahmen kritisch hinterfragen und erforderlichenfalls anpassen. Wir unterstützen Sie dabei und beraten bei allen Aspekten rund um die Vereinbarung von Geheimhaltungsklauseln. Dabei helfen wir ihnen, die aktuellen Entwicklungen im Blick zu behalten, relevante Themen zu identifizieren und vertraglich zu regeln.

IT-Recht aktuell_Serie:

Maren Bianchini: Überblick IT-Rechtsentwicklung
Maren Bianchini: II. IT-Sicherheit
Michaela Witzel: III. IT-Vertragsrecht
Maren Bianchini: IV. KI & X. E-Justice
Danielle Hertneck: V: Urheberrecht
Danielle Hertneck: VI. Geschäftsgeheimnisrecht
• Danielle Hertneck: VII. Wettbewerbsrecht

Danielle Hertneck,
Fachanwältin für IT-Recht, Fachanwältin für Gewerblichen Rechtsschutz
hertneck@web-partner.de