IT-Recht aktuell - Teil 3: IT-Vertragsrecht und die Rechtsprechung in 2021

Was muss der Auftragnehmer für die Beseitigung von Mängel zahlen? Wer zahlt im Streitfall Anwälte und Gerichtsvollzieher? Und wann erlauben die AGB das Löschen eines Social Media Posts? Im dritten Teil unserer Reihe zum IT-Recht werfe ich einen Blick auf aktuelle Entscheidungen im IT-Vertragsrecht.

Keine fiktiven Mängelbeseitigungskosten im Werkvertragsrecht

Der BGH (NJW 2021, 53, Hoeren MMR 2021, 42) bleibt bei seiner Auffassung zu fiktiven Mängelbeseitigungskosten und dass diese nicht Grundlage des kleinen Schadensersatzes sein können. Gerade in Bezug auf die Sachmängelhaftung sind im IT-Vertragsrecht deutliche Grenzen zwischen Kaufrecht und Werkvertragsrecht zu ziehen. Die Kosten für die Beseitigung von Mängeln dürfen nicht anhand einer fiktiven Mängelbeseitigung bemessen werden. Der Auftraggeber bei IT-Projekten muss bei Mängeln ganz konkret seine tatsächlichen Mängelbeseitigungskosten benennen und nachweisen.

Wer zahlt Anwalt und Gerichtsvollzieher bei einem Besichtigungsanspruch?

BGH MMR 2021, 46: Wenn ein Gläubiger einen Gerichtsvollzieher bei der Besichtigung eines IT-Systems hinzuzieht, gehören dessen Aufwendungen zu den Kosten der Zwangsvollstreckung. Die Anwälte des Gläubigers hingegen zählen nicht dazu. Um diese geltend zu machen, muss sie der Gläubiger als Kostenerstattung für das Beweisverfahren einfordern.

Wann dürfen Posts gelöscht werden?

BGH NJW 2021, 3179: Betreiber von sozialen Netzwerken sind berechtigt, in den AGB ihren Nutzern das Einhalten von Kommunikationsstandards vorzugeben. Wenn sie objektiv und überprüfbar sind, können diese über die gesetzlichen Vorgaben hinausgehen. Das hat der BGH in seinem Urteil vom 29. Juli 2021 in einem konkreten Fall bei Facebook klargestellt. Bei einem Verstoß gegen diese Standards dürfen die Beiträge gelöscht werden und der Zugang des Nutzers zum Netzwerk darf gesperrt werden.

Dafür muss sich der Netzwerkbetreiber verpflichten, den Nutzer unverzüglich nachträglich über das Löschen seines Beitrags und eine Sperrung seines Kontos zu informieren. Ebenso muss er den Grund für seine Maßnahmen mitteilen und ihm eine Möglichkeit zur Gegendarstellung einräumen. Wenn der Betreiber seine Nutzer über seine Rechte im Unklaren lässt, sind die AGB unwirksam.

Anders sieht es bei Posts aus, die den Straftatbestand der Beleidigung erfüllen. Hier kann der Netzwerkbetreiber unabhängig von der Geltung seiner AGB einen Beitrag löschen und den Nutzer sperren. Auch wenn Nutzer ihre Identität nicht preisgeben wollen, darf ein Netzwerkbetreiber das Profil kündigen.

Relevante Änderungen identifizieren

Angesichts der Vielfalt der neuen Gesetze, Verordnungen und Gerichtsentscheidungen ist es eine Herausforderung, die für das eigene Unternehmen relevanten Änderungen zu identifizieren. Wir unterstützen Sie dabei und beraten bei allen Aspekten rund um das IT-Vertragsrecht. Dabei helfen wir ihnen, die aktuellen Entwicklungen im Blick zu behalten, relevante Themen zu identifizieren und vertraglich zu regeln.

IT-Recht aktuell_Serie:

• Maren Bianchini-Hartmann: Überblick IT-Rechtsentwicklung
• Maren Bianchini-Hartmann: IT-Sicherheit
Michaela Witzel: IT-Vertragsrecht
• Maren Bianchini-Hartmann: KI & E-Justice
• Danielle Hertneck: Urheberrecht
• Danielle Hertneck: Geschäftsgeheimnisrecht
• Danielle Hertneck: Wettbewerbsrecht

Michaela Witzel, LL.M. (Fordham University School of Law),
Fachanwältin für IT-Recht
witzel@web-partner.de