Vertrieb von Software - Teil 3: Rechte und Pflichten in der Vertragsgestaltung

Beim Vertrieb von Software über Händler oder Vertreter gibt es eine Menge von Rechten und Pflichten zu regeln. Dabei gilt es, die Vertragskonstellationen so zu gestalten, dass diese Rechte und Pflichten und in dem Zusammenspiel von Hersteller und Vertrieb mit denen von Vertrieb und Endkunden weitgehend harmonieren. Doch das ist nicht immer möglich. Nachdem ich im ersten Teil unserer Reihe einen Überblick über die Vertriebsmodelle gegeben habe, im zweiten Teil den Vertrieb über den App Store beschrieben habe, geht es in diesem dritten Teil um Recht und Pflichten in der Vertragsgestaltung.

Wer aktualisiert die Software?

Software wird stetig aktualisiert. Gründe dafür sind neben technischen Neuerungen auch gesetzliche Änderungen und Sicherheitsaspekte. Das muss auch beim Vertrieb berücksichtigt werden. Viele Hersteller regeln zugleich mit dem reinen Vertrieb der Software als Produkt auch die Verpflichtung hinsichtlich der Pflege. Wenn der Hersteller den Abschluss von Pflegeverträgen anbietet, verpflichtet er sich im Innenverhältnis dazu, entweder die Pflege insgesamt für den Vertragshändler zu erbringen oder aber ihn zu unterstützen (second level). Je nach Anteil, den der Vertragshändler an diesem Verfahren im Rahmen der Mängelhaftung, der Pflege, der Fehlerbeseitigung und der Aktualisierung hat, werden die Erlöse aus den Verträgen mit dem Endkunden zwischen Vertragshändler und Hersteller geteilt.

Auch Pflichten weitergeben

Die Vertriebsverträge zwischen Vertragshändler und Endkunden enthalten neben den Rechten in der Regel sehr umfangreiche Passagen über die Einschränkungen, die ein Händler an Endkunden weitergeben muss. Diese Einschränkungen können Probleme im AGB-Recht und im Urheberrecht verursachen.
In vielen Vertriebsverträgen wird häufig nur ein Minimum an Rechten beschrieben, die der Vertragshändler dem Endkunden einräumen darf. Wesentlich mehr Raum wird in der Regel den Beschränkungen eingeräumt, darunter die Nutzung nur für eigene interne Zwecke des Endkunden (sehr problematisch), die Nutzung nur mit einer maximalen Anzahl von benannten Nutzern oder die Nutzung auf einer bestimmten Art von Hardware.

Unwirksame Beschränkungen

Solche Bindungen und Beschränkungen können im Vertriebsvertrag wirksam sein, während sie gegenüber dem Endkunden auch dann unwirksam sind, wenn der Vertriebspartner sie wörtlich weitergibt. Für die AGB-rechtliche Beurteilung ist das gesetzliche Leitbild entscheidend. Dies wird zum einerseits nach der Art der Softwareüberlassung – Miete oder Kauf – bestimmt, andererseits nach den urheberrechtlichen Bestimmungen. Aus dem Urheberrecht ergeben sich gesetzliche Mindestrechte, die dem Endkunden nicht durch schuldrechtliche Bestimmungen entzogen werden können. So darf ein berechtigter Benutzer einer Software diese vervielfältigen und bearbeiten, wenn dies für eine bestimmungsgemäße Benutzung der Software notwendig ist. Demzufolge können in AGB nicht diejenigen Handlungen beschränkt werden, die vom Benutzer zur bestimmungsgemäßen Nutzung vorgenommen werden. Doch was ist genau die bestimmungsgemäße Nutzung? Hier hat der Hersteller das Recht festzulegen, für welche Nutzung sein Softwareprodukt tatsächlich bestimmt ist.

Problematische Programmsperren

Programmsperren und ähnliche technische Vorkehrungen wie etwa Lizenzschlüssel werden von Herstellern auch zur Kontrolle der Vertriebswege eingebaut, möglicherweise ohne wirksame Vereinbarung mit dem Endkunden. So werden Programmsperren eingesetzt, um zu erreichen, dass die Endkunden das Softwareprodukt erst nach Freischaltung oder nicht mehr nach Ablauf einer Pufferzeit nutzen. Auf diese Weise erfolgt zugleich eine Serialisierung. Dazu meldet sich der Endkunde/Vertragshändler nach Abwicklung des Vertrags mit dem Endkunden einschließlich Installation und holt vom Hersteller die Übermittlung der Freischaltung.

In seinem Verhältnis zum Endkunden hat der Vertragshändler jedoch den Vertrag nicht erfüllt, wenn er die Nutzung des Softwareprodukts erst auf eine Weise freischalten lassen muss, die er als Händler nicht für die Zukunft beherrscht. Der Endkunde ist bei erneuter Freischaltung – z.B. nach Änderungen der Hardwarekomponenten – auf den Hersteller angewiesen, mit dem er aber keinen Vertrag hat. Die Frage ist deshalb, ob überhaupt der Vertragshändler den Vertrag erfüllen kann, bei dem sich das Softwareprodukt entweder nach Ablauf einer bestimmten Zeitperiode oder nach einer bestimmten Zahl von Starts sperrt.

Vorsicht bei Mängelhaftung

Eine praktische Schwierigkeit besteht in den Fällen, in denen ein Softwareprodukt aus dem anglo-amerikanischen Rechtskreis importiert wird und der anglo-amerikanische Hersteller darauf besteht, dass der Vertriebsvertrag in Europa und speziell auch in Deutschland sich exakt an dem US-amerikanischen Vertriebsvertrag orientiert. Hier entstehen zulasten des Händlers Verwerfungen, weil die Gewährleistungszeit (Verjährungsfrist für Sach- und Rechtsmängel), die der deutsche Vertragshändler eingehen muss und AGB-rechtlich nur bedingt unterschreiten kann, möglicherweise noch gar nicht zu laufen begonnen hat, während im Verhältnis zum Hersteller aufgrund der 90-Tage-Frist der Mängelhaftung diese bereits abgelaufen wäre. Auch die Pflicht zur Nacherfüllung innerhalb angemessener Frist mit Wahlrecht des Käufers lässt sich nach deutschem Recht in AGB nicht anders regeln. Würde die Zahl der Nachbesserungsversuche nach oben offengehalten, wäre die Klausel unwirksam.
In diesem Fall bestehen die normalen Mängelrechte anders als dies in US-amerikanischen Verträgen üblicherweise vorgesehen ist. Nach deutschem Recht ist der Vertragshändler auch Sekundäransprüchen wie Minderung, Rücktritt sowie Schadensersatz ausgesetzt. Im Massengeschäft gegenüber Verbrauchern lassen sich diese Rechte nicht wirksam ausschließen, selbst im unternehmerischen Verkehr bestehen Grenzen. Individualvertraglich lassen sich die Mängelrechte zwar weitgehend ausschließen, aber welcher Endkunde lässt sich bei einem komplexen, unternehmenskritischen Softwareprodukt schon auf die Mängelbeseitigung beschränken?

Übermitteln von Kundendaten

Im Hinblick auf einen eventuellen Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB spielt es eine erhebliche Rolle, dass Vertragshändler die Pflicht auferlegt bekommen, dem Hersteller die Namen der Endkunden (unverzüglich) zu melden, evtl. auch schon die Namen von Interessenten, denen Angebote unterbreitet worden sind.
Bei Vertriebsverträgen wird dem Vertragshändler die Pflicht auferlegt, auf den Hersteller und auf den Endkunden hinzuweisen. Damit wird für den Endkunden die Übertragungskette der Nutzungsrechte auch im Softwareprodukt selbst, etwa im Vorspann bzw. der Menü-Maske, deutlich. Es wird eine schwere Vertragsverletzung darstellen, wenn der Händler entweder den Eintrag des Herstellers und/oder des Kunden ändert oder unterlässt.

Dies kann vom Endkunden als Beeinträchtigung seiner Dispositionen, etwa das Softwareprodukt weiterzugeben, gesehen werden. Es entsteht der Eindruck der Serialisierung, evtl. ähnlich einer Sperre. Der Dritte wäre mit der Eintragung nicht einverstanden, was den Wert des Softwareprodukts mindert, zumindest zusätzliche Arbeit ohne Vergütung bei Änderung zugunsten des Dritten impliziert.

Besondere Treuepflichten

Generell bestehen beim Vertriebsvertrag, der ein Dauerschuldverhältnis ist, besondere Treuepflichten. Zwischen den Vertragspartnern sollte ein Vertrauensverhältnis herrschen, das auch zur wechselseitigen Rücksichtnahme verpflichtet. Bestandteil dieser Verpflichtung zur Rücksichtnahme kann beispielsweise sein, dass der Hersteller nicht nach Belieben sein Produkt- und Leistungsportfolio ändern darf, sondern dabei auf die Belange des Vertragshändlers Rücksicht nehmen muss. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Vertragshändler aufgrund von bestehenden Kundenbeziehungen verpflichtet ist, ein bestimmtes Softwareprodukt zur Verfügung zu stellen. Der Vertriebsvertrag sollte unter Berücksichtigung der beidseitigen Interessen Regelungen dafür enthalten, mit welchen Ankündigungsfristen das Produkt- und Leistungsportfolio geändert werden kann und wie die Interessen der betroffenen Endkunden angemessen berücksichtigt werden können.

Beendigung des Vertragsverhältnisses

Bei Beendigung des Vertragsverhältnisses kommt auch für Vertragshändler ein Ausgleichsanspruch in Betracht. Eine der Voraussetzungen ist, dass der Kundenstamm auf den Hersteller übertragen werden muss. Besonderes Moment kann der direkte Abschluss des Pflegevertrages seitens des Kunden mit dem Hersteller sein.

Die standardisierten Vertriebsverträge großer Hersteller sehen in der Regel übliche Vertragslaufzeiten (z.B. ein oder zwei Vertragsjahre als Mindestlaufzeit) und Kündigungsfristen (z.B. drei bzw. sechs Monate zum Ende eines Vertragsjahres bzw. Kalenderjahres) vor. Dies erscheint auch angemessen.
Diese Einschätzung trifft jedoch nicht zu, wenn der Vertragshändler erhebliche Investitionen tätigen muss, die er angesichts einer Kündigung nach ein oder zwei Jahren, die häufig erst Anlaufzeit sind, nicht mehr amortisieren kann. Demnach könnte eine Kündigung vor Ablauf der Amortisationszeit unwirksam sein, wenn hohe Investitionen erforderlich waren.

Rechten und Pflichten regeln

Beim Vertrieb von Software ergeben sich für den Anbieter und Händler sehr komplexe Fragen. Nicht alle Rechte und Pflichten lassen sich ohne weiteres in den Vertragskonstellationen vom Hersteller über den Vertrieb zum Endkunden durchreichen. Deshalb sollten Anbieter vor der Entscheidung für den Vertrieb klären, welche Konstellation ihrer Software am besten Rechnung trägt und welche Risiken sie zu tragen bereit sind. Wir beraten Hersteller und Vertriebspartner von Softwareprodukten bei der Vertragsgestaltung und helfen ihnen dabei, die relevanten Themen zu identifizieren und vertraglich zu regeln.

Michaela Witzel, LL.M. (Fordham University School of Law), Fachanwältin für IT-Recht
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