Preisanpassungen: Wie Unternehmen Preise wirksam ändern können

Marktbedingungen und Kostenstrukturen wandeln sich ständig. Entsprechend müssen Unternehmen trotz sorgfältiger Kalkulation bei veränderten Rahmenbedingungen ihre Preise anpassen. Dabei scheuen sie es vielfach, Änderungsverträge mit ihren Kunden abzuschließen und bevorzugen standardisierte Preisanpassungsklauseln. Diese minimieren für das Unternehmen das Risiko von langfristigen und spekulativen Kalkulationen. Ihre Kunden bewahren sie davor, dass unangemessene Sicherheitszuschläge eingepreist werden.

Richtungsweisende Rechtsprechung

Preisanpassungsklauseln sind nur in engen Grenzen zulässig - vor allem, wenn es sich bei den Kunden um Verbraucher handelt. In den vergangenen Jahren waren sie wiederholt Gegenstand gerichtlicher Überprüfungen. Häufig haben Gerichte die nach aktueller Rechtsprechung geltenden Kriterien als nicht erfüllt angesehen. Die Anpassungen waren daher unwirksam.

Im Gesetz über das Verbot der Verwendung von Preisklauseln (PrKG) finden sich eine Reihe an Bestimmungen, die Vorgaben für die Erstellung von Preisanpassungen enthalten. Den rechtlichen Rahmen setzen die Paragraphen 305 ff. des BGB AGB, insbesondere § 307 BGB mit seinen Anforderungen an die Transparenz und inhaltliche Angemessenheit.

Was zulässige Inhalte sind, hat der BGH am 25.11.2015 in einem richtungsweisenden Urteil entschieden. Dabei ging es konkret um die Frage, ob die in einem Stromlieferungsvertrag mit Sonderkunden enthaltene Preisanpassungsklausel einer Klauselkontrolle nach § 307 BGB standhält. Dabei hat der BGH – für viele damals überraschend – den bis dahin sehr hohen Anforderungen der Rechtsprechung an Transparenz und der Billigkeitskontrolle (§ 315 BGB) eine Absage erteilt.

Das BGH-Urteil hat dafür gesorgt, dass die Interessen der Unternehmen an der Geheimhaltung ihrer Geschäftsgeheimnisse gleichermaßen beachtet werden.

Hürden gesenkt

Die abgesenkten Hürden bringen Vorteile unter anderem für IT-Dienstleister, die ob des erheblichen Kostendrucks vor allem in langfristigen Outsourcing- Verträgen, aber auch in Pflegeverträgen eine durchsetzbare Regelung zu Preisanpassungen benötigen.

Als sogenannte Preisnebenabreden dienen Preisanpassungsklauseln dazu, das Gleichgewicht von Preis und Leistung bei längerfristigen Dauerschuldverhältnissen aufrechtzuerhalten. Diese lassen sich in zwei Kategorien einteilen:

  • Klauseln mit Anpassungsautomatik, die eine Preisanpassung von einem bestimmten Ereignis abhängig machen. Mit Eintritt dieses Ereignisses ist automatisch die Preisänderung verbunden. Beispiele hierfür sind Spannungs- sowie Kostenelementklauseln.

  • Klauseln ohne Anpassungsautomatik, bei denen eine zusätzliche Aktivität seitens der beteiligten Parteien erforderlich ist. Hierunter fallen Preisvorbehalts- und Verhandlungsklauseln.

Eine wirksame formularmäßige Formulierung und Verwendung dieser Klauseln bleibt eine immense Herausforderung für Unternehmen. Die Möglichkeiten, (regelmäßige) Preiserhöhungen durchzusetzen, hing teilweise weniger von wirksamen Klauseln als von der Marktmacht des jeweiligen Anbieters ab. Sämtliche Klauseln, die eine einseitige Preisanpassung ermöglichen (Preisvorbehalts-, Kostenelemente-, Spannungsklausel) müssen im Wesentlichen ein anzuerkennendes Interesse verfolgen und zudem dem Transparenz- sowie Äquivalenzgebot entsprechen. Im Einzelnen bedeutet dies:

  • Zumutbarkeit: Eine Klausel muss unter Berücksichtigung der Interessen des Verwenders für den anderen Vertragsteil zumutbar sein. Ob dies der Fall ist oder nicht, kann nur unter Abwägung der beiderseitigen Interessen beurteilt werden.

  • Transparenz: Preisanpassungsklauseln müssen sowohl mit Blick auf den Umfang und ihre Voraussetzungen dem Transparenzgebot entsprechen. Das bedeutet, dass Umfang und Voraussetzungen der Preisänderung in einer für den Kunden nachvollziehbaren Weise spezifiziert werden müssen. Bereits bei Vertragsschluss muss für den Kunden erkennbar sein, in welchem Umfang Preiserhöhungen auf ihn zukommen können. Bei substanziellen Preiserhöhungen sollte dem Kunden darüber hinaus ein Lösungsrecht vom Vertrag eingeräumt werden.

  • Äquivalenz: Preisanpassungen müssen nach dem Äquivalenzgebot sowohl nach oben als auch nach unten weitergegeben werden. Dies bedeutet, dass gestiegene Kosten in einem Bereich durch rückläufige Kosten in anderen Bereichen ausgeglichen werden müssen (Saldierung). Gesunkene Kosten müssen durch entsprechende Preissenkungen an den Kunden weitergegeben werden. Dabei ist darauf zu achten, dass der Zeitpunkt, zu dem die Änderungen erfolgen, angegeben wird und Preisänderungen nach oben und nach unten gleichermaßen zeitnah weitergegeben werden.

Fazit

Der BGH hat in seinem Urteil über die Preisanpassungsklausel das Bestehen von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen zweifelsfrei anerkannt und damit den (überhöhten) Forderungen auf eine detaillierte Offenlegung der Kalkulation eine deutliche Absage erteilt. Dabei stehen zwei Aspekte im Vordergrund:

  • Kundenschutz: Unter Berufung auf den Kundenschutz muss die Verständlichkeit und Übersichtlichkeit gewahrt werden. Dies wäre nicht der Fall, wenn das Unternehmen gezwungen wäre, sämtliche Kostenfaktoren einschließlich deren Gewichtung zu benennen oder die vollständige Kalkulation offenzulegen. Die damit zwangsläufig verbundene Komplexität könnte in Intransparenz umschlagen.

  • Anerkennung des Geheimhaltungsinteresses von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen: Die Preiskalkulation unterliegt grundsätzlich der freien unternehmerischen Entscheidung. Im Einzelfall können die schutzwürdigen Geheimhaltungsinteressen der Unternehmen einer Offenlegung der Kostenkalkulationen entgegenstehen.

Wir beraten Unternehmen als Käufer und Verkäufer beim Vereinbaren und Abstimmen von Preisanpassungsklauseln und helfen ihnen dabei, zulässige Inhalte zu identifizieren und ihre Interessen vertraglich zu regeln.

Michaela Witzel, LL.M. (Fordham University School of Law), Fachanwältin für IT-Recht
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