IT-Projekte: Welche Risiken trägt die Geschäftsführung? Teil 3: Konkrete Pflichten bei der Vorbereitung

Mit der Digitalisierung wächst die Bedeutung der IT-Landschaft für den Geschäftserfolg. Mehr und größere IT-Projekte bedeuten gleichzeitig auch höhere Risiken, insbesondere für die Geschäftsführung. Nachdem wir im zweiten Teil unserer Serie den gesetzlichen Haftungsrahmen vorgestellt haben, geht es in diesem dritten Teil um die konkreten Pflichten der Geschäftsführung bei der Vorbereitung von IT-Projekten. 

Analyse

Die Basis für jedes Projekt ist eine gründliche Analyse des IT-Bedarfs, der vorhandenen IT-Struktur und der angestrebten IT-Zielstruktur.  Neue Produkte und Veränderungen in der IT-Struktur müssen dabei genau definiert werden:

  • Wie können die benötigten neuen Funktionen implementiert werden?

  • Welche Alternativen gibt es?

  • Welche Vor- und Nachteile bzw. Chancen und Risiken sind mit den einzelnen Alternativen verbunden?

  • Welche Software soll konkret angeschafft werden?

  • Welche Alternativprodukte gibt es?

  • Was sind die Stärken und Schwächen der verschiedenen Softwareprodukte?

Mit dem Blick auf die Risiken geht es darum, mögliche negative Auswirkungen während und nach der Implementierung zu identifizieren und zu bewerten. Dabei sollten Geschäftsführer berücksichtigen, wie das Zusammenspiel zwischen neuer Software und bestehender IT-Struktur gelingen kann. Auch die Fortführung der bestehenden IT-Struktur kann ein Ergebnis der Analyse sein.

Bei der Bewertung der negativen Aspekte ist es sinnvoll, sich über Eintrittswahrscheinlichkeiten und deren Folgen Gedanken zu machen: Wie wahrscheinlich ist der Eintritt der Maximalfolgen? Wäre das Projekt auch vor dem Hintergrund dieser Risiken gerechtfertigt?

Aufstellung des Unternehmens

Die Geschäftsführung sollte klare Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten festlegen. Sie kann Teile des Projekts an erfahrene Führungskräfte delegieren, sollte jedoch engen Kontakt zum Projekt halten.

In der Praxis leiden viele IT-Projekte darunter, dass die Geschäftsführung zu viel delegiert und in den Projekten selbst zu wenig zu Hause ist. Die Geschäftsführung ist dafür verantwortlich, dass rechtliche Vorgaben eingehalten und die Rahmenbedingungen für ein erfolgreiches Projekt geschaffen werden. Daher empfiehlt sich, dass sich die Geschäftsführung eingehend selbst mit dem IT-Projekt beschäftigt und es so weit wie möglich zur Chefsache macht. Je unternehmenskritischer die Anwendung ist, desto besser ist es, nah am Projekt dran zu sein.

Die Basis dafür ist eine regelmäßige Berichterstattung über den Projektfortschritt. Ein leistungsfähiges Berichtswesen unterstützt die Geschäftsführer dabei. Je mehr delegiert wurde, desto wichtiger ist es, sich in regelmäßigen Abständen über den Projektfortschritt zu informieren. Voraussetzung für das Funktionieren eines solchen Berichtswesens ist, dass das Unternehmen über eine Fehlerkultur verfügt, die es den Verantwortlichen erlaubt, über erkennbare Schieflagen unverzüglich an die Geschäftsführung zu berichten, ohne persönliche Konsequenzen befürchten zu müssen.

Zudem muss das Unternehmen ausreichend qualifiziertes Personal für das Projekt bereitstellen. Für die operativen Prozesse und den Gegenstand des IT-Projekts braucht es leitende und verantwortliche Mitarbeiter, die ungeachtet der Pflichten des laufenden Tagesgeschäfts Ressourcen für das Projekt haben.

Externe Partner

Die meisten IT-Projekte kommen nicht ohne externe Unterstützung aus. Daher ist die sorgfältige Auswahl des externen IT-Partners von zentraler Bedeutung. Dabei hilft es, die Vorzüge und Nachteile der möglichen Vertragspartner sorgfältig gegeneinander abzuwägen. Relevante Faktoren sind insbesondere:

  • Erfahrung der IT-Partner

  • Referenzprojekte

  • Branchennähe

  • track record

Bei der Strukturierung des Projektes gilt es zu entscheiden, welchen Anteil das Unternehmen selbst übernimmt oder ob es die Verantwortung für die Projektimplementierung vollständig an ein externes Unternehmen als Generalunternehmer auslagert. Maßgeblich für diese Entscheidung ist die Beantwortung der Frage, ob und in welchem Umfang das Unternehmen selbst über das erforderliche Know-How und entsprechend geeignete Mitarbeiter verfügt, um etwa verschiedene Projektpartner für einzelne Gewerke zu beauftragen und damit selbst Generalunternehmer zu werden.

Bei der Auswahl des Partners spielen Kosten selbstverständlich eine Rolle. Preisverhandlungen sind wichtig, sollten aber nicht zu Lasten der Qualität gehen. Erfahrung, Kompetenz und Zuverlässigkeit des Projektpartners können einen höheren Preis rechtfertigen.

Ist der Projektpartner bereit, die Umsetzung des Projekts durch die Fachkräfte zuzusagen, an deren Mitarbeit dem Unternehmen gelegen ist? Oder soll der Projektpartner berechtigt sein, die externe Projektmannschaft nach eigenem Ermessen zusammenzustellen? Wenn dem Unternehmen an bestimmten Mitarbeitern des Projektpartners gelegen ist, sollte sich die Geschäftsführung zusagen lassen, dass diese auch im Projekt eine verantwortliche Rolle spielen (sog. key-employee-clause).

In den vertraglichen Vereinbarungen sind klare Regelungen zu Nutzungsrechten und Open Source Software unerlässlich. Gerade an fehlenden und unvollständigen Vereinbarungen entzündet sich in der Praxis immer wieder Streit.

IT-Projektplan

Bei der Verabschiedung des IT-Projektplans sollte die Geschäftsführung folgende Fragen klären:

  • Soll die neue Software oder die neue IT-Umgebung zunächst nur begrenzt ausgerollt werden (als Testballon in einzelnen Abteilungen, Konzerngesellschaften, Ländern, Standorten) oder erfolgt sofort ein kompletter Roll-out?

  • Soll die neue Software oder sollen die neuen Funktionalitäten schrittweise eingeführt werden oder auf einen Schlag („Big-Bang-Strategie“)?

Bei diesen Grundsatzentscheidungen gibt es immer Gründe dafür und dagegen, die sorgfältig abgewogen werden müssen. Die Geschäftsführung ist gut beraten, sich alle Positionen anzuhören und ihre Entscheidung sorgfältig zu begründen.

Bei der Projektplanung ist es ist zwar grundsätzlich vernünftig, eine straffe zeitliche Planung vorzusehen. Sie darf allerdings Unternehmen und Projektpartner nicht überfordern. Lieber sollten Geschäftsführer realistische Annahmen im Hinblick die zeitlichen und fachlichen Möglichkeiten ihrer Mitarbeiter und Partner zugrunde legen.

Dabei sollte vor allem genug Zeit für die Testphase eingeplant werden. Vor einem Go-Live ist ein abschließender Gesamttest unter Einschluss von Integrationstests des neuen Produkts in die bisherige IT-Umgebung erforderlich.

Projektinhalt

Die Definition des Projektinhalts ist von zentraler Bedeutung für den Erfolg eines IT-Projekts. Ein detailliertes Lastenheft beschreibt dabei genau die Anforderungen an die Software oder das System. Diese inhaltliche Planung liegt in der Verantwortung des Auftraggebers und muss von der Geschäftsführung freigegeben werden. Gegebenenfalls lassen sich die Anforderungen an die Software mit externer Hilfe definieren.

Wie gut auch immer das Projekt geplant wurde: Letztlich wird jeder Plan von der Realität eingeholt. Kein Projekt wird genauso umgesetzt, wie es geplant wurde. Daher sollten auch Mechanismen eines Change-Request-Verfahrens für Änderungen festgelegt werden, um eine kontrollierte und dokumentierte Anpassung von Leistungsbeschreibung, Zeitplan und Budget zu ermöglichen.

 

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