IT-Projekte: Neuer Praxisleitfaden der BITKOM für interessengerechte und ausgewogene Verträge
Nicht jeder Verhandlungserfolg ist auch von Dauer. Wenn er eindeutig zu Lasten der anderen Seite geht, kann sich ein kurzfristiger Erfolg auf längere Sicht sogar zum eigenen Nachteil entwickeln. Einseitige Vertragsbedingungen verhelfen IT-Projekten nicht zum Erfolg. Im Gegenteil: Gerade bei IT-Projekten, bei denen beide Parteien über Jahre aneinandergebunden sind, belasten einseitige Verträge oft das gesamte Projekt. Am Ende verlieren beide Seiten.
Wer jemals einen IT-Projektvertrag verhandelt hat, weiß wie langwierig, kontrovers und ressourcenintensiv dies sein kann. Die Verhandlungspartner kommen dabei immer wieder an Diskussionspunkte, bei denen die unterschiedlichen Interessen besonders deutlich hervortreten - z.B. bei Fragen der Haftung, der Mängelrechte, der Mitwirkungsleistungen oder der Rechtseinräumung. Die Auseinandersetzungen über diese Punkte führen erfahrungsgemäß immer wieder zu ähnlichen Ergebnissen. Am Ende muss eine Lösung gefunden werden, mit der beide Vertragsparteien leben können.
Bitkom aktualisiert Leitfaden mit Formulierungsvorschlägen und Darstellung der unterschiedlichen Interessen
Aus unserer Erfahrung zahlt sich bei allen IT-Projekten Fairness und Ausgewogenheit der vertraglichen Rahmenbedingungen aus. Für die Rahmenbedingungen solcher Verträge hat der Digitalverband Bitkom seinen Leitfaden zu Vertragskonzepten aktualisiert. Dieser Leitfaden ist sehr umfangreich und deckt alle wichtigen potenziellen Streitpunkte eines IT-Projektvertrages mit Formulierungsvorschlägen und Erläuterungen ab. Er ersetzt zwar keine Rechtsberatung und liefert auch kein Vertragsmuster. Doch er spricht die wesentlichen Regelungspunkte von IT-Projektverträgen an und hilft Auftraggebern und Anbietern dabei, die relevanten Themen zu identifizieren und einen für beide Seiten einen angemessenen Interessenausgleich zu finden. Entscheidend ist der Fokus auf einen ausgewogenen Ansatz.
Dabei gibt der Leitfaden konkrete Praxistipps für so wichtige Themen wie
• Mitwirkungspflichten
• Einbindung von Subunternehmen
• Abnahme
• Rechte bei Sach- und Rechtsmängeln („Gewährleistung“)
• Haftung
• Verzug
• Change Requests
• Geheimhaltung
• Datenschutz
• Nutzungsrechte und Rechtseinräumung
Als Reaktion auf die Corona-Pandemie wurde in die Neuauflage der Praxishilfe auch ein Modul zum Umgang mit „höherer Gewalt“ aufgenommen.
Verträge müssen gelebt werden
Aus unserer Sicht bietet der Bitkom-Leitfaden einen neutralen Ansatz, der beiden Seiten hilft, die relevanten Themen zu identifizieren und bei divergierenden Positionen bei den Verhandlungen auf einzelne relevante Formulierungsvorschläge zurück zu greifen. Die Klauseln sind für beide Parteien ausgewogen und können so Zeit bei verbissenen Vertragsverhandlungen und dem Ringen um einseitig beste Regelungen einsparen. Mit den Praxishilfen lassen sich spätere Vertragsstreitigkeiten und gerichtliche Auseinandersetzungen oft vermeiden, wenn einseitige Regelungen keinen Rahmen für weitere gemeinsame Projektarbeit liefern könnten. Sie helfen allen Vertragspartnern, IT-Verträge sorgfältig vorzubereiten, und bieten beim Verhandeln in Streitfällen eine neutrale und für alle interessengerechte Lösung.
Die Bitkom-Klauseln und die dahinterstehende Ratio decken sich mit unserer Überzeugung, dass Verträge auch gelebt werden müssen und können. Dabei zahlt sich Fairness und Ausgewogenheit auf lange Sicht aus. Denn in jedem Projekt treffen irgendwann unterschiedliche Standpunkte aufeinander. Dann ist es notwendig, dass im Vertrag Regelungen getroffen wurden, mit diesen umzugehen und den Interessen beider Seiten Rechnung tragen. Wir beraten Auftraggeber und IT-Dienstleister bei der Vertragsgestaltung und helfen ihnen dabei, die relevanten Themen zu identifizieren und zu regeln. Außerdem unterstützen wir Sie bei konkreten Fragen zur Umsetzung Ihres IT-Projekts.
Michaela Witzel, LL.M. (Fordham University School of Law), Fachanwältin für IT-Recht
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