IT Generalunternehmer

Verträge für Generalunternehmer: Welche Fallstricke in IT-Projekten lauern

Zwischen den Stühlen – so lässt sich am besten die Position des Generalunternehmers beschreiben. Er muss einerseits den Anforderungen seines Kunden, des Hauptauftraggebers gerecht werden. Andererseits hat er die Aufgabe, seine Subunternehmer zu steuern und zu überwachen und darf ihnen keine unzumutbaren Risiken aufbürden. Scheitert ein IT-Projekt, ist ein Generalunternehmer in einer äußerst misslichen Lage. Der Hauptauftraggeber macht ihm gegenüber Forderungen geltend. Deshalb muss er versuchen, seine Subunternehmer in die Pflicht zu nehmen, sofern diese für das Scheitern des IT-Projekts mitverantwortlich sind. Dann geht der Streit um Mitverursachung und Mitverschulden erst richtig los. Verträge können helfen, die Risiken des Generalunternehmers zu minimieren. Allerdings birgt die Gestaltung der Verträge einige Tücken, die ich Ihnen im Folgenden vorstelle.

Generalunter- oder Generalübernehmer?

Je nach Umfang der eigenen Leistungen spricht man vom Generalunternehmer oder Generalübernehmer. Der Generalunternehmer erbringt einen Teil seiner Leistungen selbst und vergibt einen anderen Teil an Subunternehmer. Im Unterschied zum Alleinunternehmer wird dem Generalunternehmer gebündelt die Koordination aller Gewerke eines Gesamtprojekts übertragen. Doch es gibt noch ein paar weitere Abgrenzungen: Wird ein Softwareanbieter bei der Einführung seiner Softwarelösung tätig und schaltet für einzelne Leistungsbereiche Dritte ein, dürfte er wohl eher als Hauptunternehmer einzustufen sein. Geht es nicht nur um die Einführung einer Softwarelösung, sondern um deren Integration in eine Systemlandschaft und vielleicht auch noch um die Übernahme des späteren Betriebs, liegt tendenziell eine Generalunternehmerschaft vor. Auch der Softwareanbieter, der seinem Kunden die Nutzung in der Cloudlösung eines Dritten anbietet, kann einem Generalunternehmer entsprechen. Erbringt der Generalunternehmer keine der ihm beauftragten Leistungen selbst, wird er zum Generalübernehmer und hat ausschließlich eine steuernde und koordinierende Funktion. Eine solche Konstellation ist allerdings eher in Bau- als in IT-Projekten anzutreffen.

Verträge bilden das Risiko nicht immer ab

In der Praxis sind Verträge über IT-Projekte meist werkvertraglich gestaltet. Selbst wenn einzelne Leistungsbereiche durchaus dienstvertraglich sind, liegt der Schwerpunkt in einem werkvertraglichen Erfolg: typischerweise der erfolgreichen Einführung einer Softwarelösung im Unternehmen oder dem erfolgreichen Übergang auf die Softwarelösung eines Outsourcing-Anbieters. Damit hat der Generalunternehmer eine Schlüsselrolle für den Erfolg eines IT-Projekts und trägt gleichzeitig erhebliche Risiken, die sich nicht immer in der Vertragsgestaltung widerspiegeln. Der Generalunternehmer muss die widerstreitenden Interessen zwischen Auftraggeber und Subunternehmern ausgleichen und dafür Sorge tragen, dass er nicht an beide Seiten zahlt. Gerät ein IT-Projekt in die Schieflage, will der Generalunternehmer sicherstellen, dass die Subunternehmer entsprechend an Mehraufwänden und Sekundäransprüchen beteiligt werden.

Verpflichtungen synchronisieren

Um die widerstreitenden Interessen auszubalancieren und sein eigenes Risiko zu minimieren, wird der Generalunternehmer ein erhebliches Interesse daran haben, dass zwischen seinen vertraglichen Verpflichtungen im Verhältnis zum Hauptauftraggeber einerseits und zu seinen Subunternehmern anderseits möglichst großer Gleichklang besteht.

Auch wenn sich unter vertragsrechtlichen Gesichtspunkten keine zwingende Notwendigkeit ergibt, Generalunternehmervertrag und Subunternehmervertrag zu synchronisieren, so spricht einiges dafür, dies zu tun. Im anglo-amerikanischen Rechtsraum ist in einem solchen Fall von einem Back2Back-Agreement die Rede. Für einige Bereiche kann sich der Generalunternehmer bei der Weiterreichung vertraglicher Bestimmungen auf gesetzliche Bestimmungen oder regulatorische Anforderungen stützen. So ergibt sich z.B. aus der MaRisk, dass über Möglichkeiten und Modalitäten einer Weiterverlagerung Regelungen zu treffen sind, welche die Einhaltung der bankaufsichtsrechtlichen Anforderungen durch das auslagernde Institut weiterhin gewährleisten.

Synchronisationsbedarf besteht immer bei Geheimhaltung und Datenschutz, bei regulatorischen Vorgaben, die auch beim Weiterverlagern zum Tragen kommen, und beim Einräumen von Rechten an Arbeitsergebnissen und Lieferobjekten. Der Generalunternehmer kann dem Hauptauftraggeber nicht mehr Rechte einräumen, als er von seinen Subunternehmern erhält. Er wird daher darum bemüht sein, von den Subunternehmern ausschließliche und übertragbare Rechte zu erhalten. In der Praxis steht häufig zuerst der Generalunternehmervertrag. Die Subunternehmerverträge werden erst dann abgeschlossen, wenn das IT-Projekt bereits im Gange ist. Ist der Generalunternehmer auf die Einräumung umfassender Rechte angewiesen, verschlechtert dies seine Verhandlungsposition.

Die Tücken des AGB-Rechts

Das Durchstellen von Vertragsbedingungen aus dem Generalunternehmervertrag in die jeweiligen Subunternehmerverträge ist vor allem AGB-rechtlich problematisch. Negative Überraschungen für den Generalunternehmer gibt es dann, wenn der Generalunternehmervertrag in wesentlichen Vertragspassagen individuell ausverhandelt wurde (insbesondere für die klassischen Problembereiche des Leistungsumfangs, der Haftung und der Verzugsregelungen) und es dem Generalunternehmer nicht gelingt, in allen von ihm für ein IT-Projekt abzuschließenden Subunternehmerverträgen diese Bedingungen auch jeweils individuell zu verhandeln. Während die individuell im Rahmen des Generalunternehmervertrags ausgehandelten Regelungen dann wirksam sind, können diese Bestimmungen im Rahmen der jeweiligen Subunternehmerverträge unter dem Gesichtspunkt der §§ 305 ff. BGB unwirksam sein. Für ein solches Aushandeln müssten umfassende Vertragsverhandlungen stattgefunden haben, bei denen jede Partei mehrfach Anmerkungen und Änderungsvorschläge am Vertragsentwurf macht. Eine solche Prozedur ist in der Praxis jedoch kaum durchführbar.

So gut wie alle Generalunternehmer operieren deshalb ihren Subunternehmern gegenüber mit unternehmensweit verwendeten einheitlichen Vertragsformularen, die den Grundsätzen der §§ 305 ff. BGB mit unterschiedlicher Risikobereitschaft zu entsprechen versuchen. Der Generalunternehmer muss also einen Weg finden, in dem er möglichst standardisierte Subunternehmerverträge entwirft, die in wesentlichen Bereichen auch den AGB-rechtlichen Anforderungen genügen. Dessen ungeachtet müssen kritische Klauseln ausgehandelt werden.

Konfliktherd Leistungsbeschreibung

Einer der wesentlichen Konfliktherde in IT-Projekten ist die fehlende oder unzulängliche Leistungsbeschreibung (siehe dazu meinen Beitrag „IT-Outsourcing. Worauf Unternehmen bei der Leistungsbeschreibung achten müssen“). Leistungsbeschreibungen sind leider häufig oberflächlich oder – aufgrund der Kürze der Zeit – lückenhaft, manchmal auch widersprüchlich. Teilweise versuchen Auftraggeber, die Lücken mit Vollständigkeitsklauseln aufzufangen. Sieht man davon ab, dass diese Abwälzung des Risikos auf den Auftragnehmer auch fragwürdig sein kann, führen solche Klauseln häufig zu Konflikten, die mit einem Scheitern des IT-Projekts enden.

Projektorganisation und Governance

Der Vertrag zwischen Generalunternehmer und Hauptauftraggeber enthält meist Regelungen zur Projektorganisation, die auch verschiedene Gremien umfasst. Oberstes Gremium ist meist ein Projektlenkungsausschuss, der durch Mitglieder des Managements beider Vertragspartner besetzt ist. Es wird immer wieder diskutiert, ob solch ein gemeinsames Entscheidungsgremium mit der werkvertraglichen Verantwortungszuweisung vereinbar ist und welche Gestaltungsmöglichkeiten es gibt, die Gesamtverantwortung trotz eines gemeinsamen Gremiums, dem Auftragnehmer zuzuweisen. In den meisten Projekten ist ein Lenkungsausschuss gängige Praxis.

Zumindest solche Subunternehmer, deren Leistungserbringung wesentlich für den Erfolg eines IT-Projekts ist, sollten in die Projektorganisation einbezogen werden. Da die Vereinbarungen zwischen dem Hauptauftraggeber und dem Generalunternehmer auf eine bilaterale Beziehung ausgerichtet sind, darf dem Subunternehmer keine Entscheidungsbefugnis eingeräumt werden. Er sollte jedoch beteiligt sein, wenn ihm eine Schlüsselrolle zukommt. Durch die Einbeziehung in die relevanten Projektgremien kann zumindest verhindert werden, dass sich der Subunternehmer in Krisensituationen auf den Standpunkt zurückzieht, er sei über den Status des IT-Projekts nicht ausreichend informiert und bei wesentlichen Entscheidungen außen vor geblieben. In komplexen IT-Projekten ist es auch denkbar, dass die zwischen Generalunternehmer und Hauptauftraggeber eingerichtete Projektorganisation im Verhältnis zu den Subunternehmern gespiegelt wird. Es gibt sozusagen eine Schattenprojektorganisation, in der alle Gremien auch im Verhältnis zwischen Generalunternehmer und Subunternehmer aufgebaut werden. Eine solche Organisation verursacht natürlich erhebliche Aufwände und dürfte bei IT-Projekten normaler Größe kaum wirtschaftlich abbildbar sein.

Rechte an den Arbeitsergebnissen

Das Einräumen der Rechte muss im Subunternehmervertrag so geregelt werden, dass dem Generalunternehmer jedenfalls die Rechte zustehen, die er dem Hauptauftraggeber zubilligt und die er gegebenenfalls für die Weiterentwicklung und Pflege der vom Subunternehmer erstellten Lösungen benötigt.

In aller Regel ist das Einräumen ausschließlicher, übertragbarer und inhaltlich uneingeschränkter Nutzungs- und Verwertungsrechte die Idealvorstellung für den Generalunternehmer. Schwierig wird es dann, wenn der Generalunternehmer auch Komponenten verwendet, die er standardmäßig entwickelt hat und vertreibt. In diesem Fall wird eine ausschließliche Rechtseinräumung nicht möglich sein. Der Generalunternehmer wird daher schon im Vertrag mit dem Hauptauftraggeber darauf achten müssen, dass es eine Regelung für Standardkomponenten gibt.

Vertragsstrafen

Vertragsstrafen allein führen in IT-Projekten nicht zum Erfolg. Von besonderer Brisanz ist die Vertragsstrafe in Leistungsketten: Der Subunternehmer gerät gegenüber dem Generalunternehmer in Verzug. Dieser Verzug führt gleichermaßen zum Verzug des Generalunternehmers gegenüber dem Hauptauftraggeber. Sowohl im Generalunternehmervertrag als auch im Subunternehmervertrag sind Vertragsstrafen vereinbart, die verzugsabhängig verwirkt werden. Unter welchen Voraussetzungen kann der Generalunternehmer die vom Hauptauftraggeber verlangte Vertragsstrafe an seinen Subunternehmer „durchstellen“? Der BGH hat inzwischen in mehreren Urteilen und dogmatisch überzeugend festgehalten, dass die vom Generalunternehmer verwirkte Vertragsstrafe grundsätzlich als vom Subunternehmer zu ersetzender Verzugsschaden anzusehen sein kann.

Umgang mit Schlechtleistung

Der Subunternehmer haftet dem Generalunternehmer gegenüber dafür, dass seine Leistung mangelfrei ist. Damit jedoch keine Brüche zwischen den geschuldeten Leistungen vom Generalunternehmer an den Hauptauftraggeber auf der einen Seite, und den Leistungen vom Subunternehmer an den Generalunternehmer auf der anderen Seite gibt, kommt es darauf an, die Planungsunterlagen und insbesondere das Leistungsverzeichnis identisch weiterzugeben.

In der Praxis ist der Nachweis der Schlechtleistung schwierig zu führen. Die Bewertung der Leistung des Subunternehmers hängt von der Qualität der Leistungsbeschreibung ab. Fehlt es schon an einer klaren Beschreibung der Leistung, wird sich im Konfliktfall nicht feststellen lassen, welche Aufgaben der Subunternehmer nicht oder nur unzureichend erfüllt hat. Der Generalunternehmer muss darlegen und beweisen können, was der Subunternehmer nicht erbracht hat. Für den Generalunternehmer ist daher nicht nur eine genaue Leistungsbeschreibung von großem Vorteil, sondern auch die genaue Projektdokumentation.

Fazit

Ein IT-Projekt birgt für einen Generalunternehmer bis zum erfolgreichen Abschluss erhebliche Risiken, weil er nur selten alle Pflichten aus dem Hauptauftrag an einen oder gar alle Subunternehmer weitergeben kann. Es ist auch nicht unbedingt gerechtfertigt, dass der Subunternehmer eins zu eins in die Pflicht genommen wird. Daher sollte er insbesondere auf folgende Punkte achten:

• Die Leistung des Subunternehmers ist möglichst präzise zu beschreiben; seine Verantwortlichkeiten sind klar abzugrenzen;
• Über regelmäßige Statusberichte sollte transparent sein, welchen Fertigstellungsgrad das IT-Projekt hat; auch die Qualität der Leistungen des Subunternehmers sollte dokumentiert sein;
• Der Subunternehmer sollte so in die Projektorganisation des Hauptauftrags einbezogen sein, dass der Status für ihn transparent ist;
• Überwachungs- und Kontrollmaßnahmen sollten etabliert sein.

Wir beraten Generalunternehmer bei der Vertragsgestaltung und helfen ihnen dabei, die relevanten Themen zu identifizieren und vertraglich zu regeln.

Michaela Witzel, LL.M. (Fordham University School of Law), Fachanwältin für IT-Recht
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