Elternunterhalt: So schützen Sie Ihr Einkommen mit der 100.000 Euro-Grenze
Das Angehörigenentlastungsgesetz begrenzt den Zugriff für Leistungen der Sozialhilfe auf das Einkommen des Kindes. Der Sozialhilfeträger kann das Kind nur noch dann in die Pflicht nehmen, wenn dessen Gesamteinkommen über 100.000 Euro liegt. Gestaltungsspielräume ergeben sich aus der steuerrechtlichen Betrachtung. Die Höhe des Einkommens lässt sich durch Abzüge gestalten. Es lohnt sich, frühzeitig mit der Planung zu beginnen, da die Regelungen für das Steuerjahr 2020 relevant werden.
Wenn ein Elternteil Leistungen des Sozialhilfeträgers wegen seiner Pflegebedürftigkeit benötigt, in einem Heim lebt oder die Rente für den Lebensunterhalt nicht mehr ausreicht, dann kann das Kind dafür in Anspruch genommen werden. Doch seit dem 1. Januar 2020 sind diese Ansprüche mit dem Angehörigenentlastungsgesetz begrenzt. So kann der Sozialhilfeträger das Kind nur noch dann in die Pflicht nehmen, wenn dessen Gesamteinkommen über 100.000 Euro liegt (§ 16 SGB IV). In der Praxis sind jedoch noch viele Fragen ungeklärt. Insbesondere geht es darum, wie die Einkommensgrenze zu ermitteln ist.
Wie das Einkommen ermittelt wird
Die Ermittlung des Gesamteinkommens erfolgt auf der Basis des Steuerrechts. Bei der Ermittlung sind alle steuerfreien Einkünfte ausgenommen, zum Beispiel Elterngeld, Pflegegeld, Kindergeld, Arbeitslosengeld oder Kurzarbeitergeld, ebenso wie der nicht der Besteuerung unterliegende Anteil der Renten. Abfindungen aus der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses werden hingegen nicht auf mehrere Jahre umgelegt, sondern sind für das Kalenderjahr relevant, in dem sie der Steuerpflicht unterliegen.
Ebenso stellt Vermögen kein relevantes Einkommen dar, wenn das Gesamteinkommen des Kindes unter 100.000 Euro liegt. Angespartes Vermögen für die eigene Altersvorsorge, Vermögen aus Erbschaften oder Schenkungen und selbst Lottogewinne dürfen also nicht berücksichtigt werden.
Ein Elternteil kann gegenüber mehreren Kindern einen Unterhaltsanspruch haben. Dabei werden die Haftungsanteile sämtlicher Kinder nach §§ 1601 ff BGB berechnet. Kinder, deren Gesamteinkommen über 100.000 Euro liegt, können nur mit ihrem Haftungsanteil in Anspruch genommen werden. Um die Quoten aller Kinder zu berechnen, sind alle Kinder verpflichtet, dem Sozialhilfeträger Auskunft über ihr Einkommen zu geben.
Die 100.000 Euro-Grenze schützt monatliche Einkünfte von Beamten in Höhe von etwa 5.000 Euro netto, bei sozialversicherungspflichtigen Tätigkeiten von 4.800 Euro netto und bei Gewerbetreibenden/Freiberuflern von 3.100 Euro netto.
Fallbeispiel – 4.500 Euro netto pro Monat
Nehmen wir an, ein sozialversicherungspflichtiges Kind verdient 95.000 Euro brutto im Jahr. Wenn es unverheiratet ist, entspricht dies einem Nettoeinkommen von monatlich rund 4.500 Euro. Nimmt ein Elternteil Leistungen nach dem Sozialrecht in Anspruch, ist das Kind nicht unterhaltspflichtig. Nimmt der Elternteil hingegen keine Leistungen nach dem Sozialrecht in Anspruch, hat aber nicht genügend Einkommen und Vermögen, um für seinen Bedarf aufzukommen, dann kann das Kind in Anspruch genommen werden.
Für das Beispiel unterstellen wir, dass es keine weiteren abzugsfähigen Ausgaben für Alters-, Krankenvorsorge, Schulden etc. gibt. Die Berechnung sieht dann folgendermaßen aus: Einkommen 4.500 EUR, abzüglich Selbstbehalt 2.000 EUR, verbleiben 2.500 EUR. Das Einkommen des Kindes kann bis zur Hälfte, also bis zu 1.225 EUR zum Unterhalt des Elternteils in Anspruch genommen werden.
Gestaltungsspielräume nutzen
Aus der steuerrechtlichen Betrachtung ergeben sich Gestaltungsspielräume. Einerseits lässt sich die Höhe des Einkommens im Hinblick auf Elternunterhaltsansprüche durch Abzüge gestalten, andererseits kann der Umfang der eigenen Ausgaben für die Altersvorsorge bei bestimmten Einkunftsarten geplant werden.
Erzielt ein Kind zum Beispiel Einkommen aus selbständiger Tätigkeit, kann es die Höhe des Gesamteinkommens durch die Betriebsausgaben beeinflussen. Hier lassen sich etwa Abschreibungen wegen Abnutzung abziehen (AfA - § 7 EstG). Wenn das Kind Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt, kann es neben der AfA auch den Umfang des Erhaltungsaufwands prüfen, um etwa durch eine Erhöhung die 100.000 Euro Grenze nicht zu erreichen. Das schließt die Frage ein, ob die Verlagerung von Vermögen in ein Eigenheim – das beim Elternunterhalt zu 100 % geschützt ist – sinnvoll ist.
Durch die neue Einkommensgrenze werden viele Kinder nicht mehr für den Unterhalt ihrer Eltern aufkommen müssen, wenn diese Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch (SGB XII) in Anspruch nehmen und der Anspruch an den Sozialhilfeträger übergeht. Liegt ihr Einkommen jedoch über 100.000 Euro, dann werden der Bedarf des Elternteils, die Leistungsfähigkeit des Kindes, das Einkommen des Schwiegerkindes wieder relevant. Denn in diesem Fall richtet sich die Höhe des Unterhaltsanspruchs, der auf den Sozialhilfeträger übergeht, nach den §§ 1601 ff. BGB. Hierbei kann dann auch wieder auf das Vermögen des Kindes zurückgegriffen werden, soweit es über dem Schonvermögen liegt. Das gleiche gilt auch in den Fällen, in denen kein Anspruchsübergang auf den Sozialhilfeträger erfolgt. Hier besteht möglicherweise auch gegen die Kinder mit geringerem Gesamteinkommen noch ein Unterhaltsanspruch (§ 1601 ff. BGB).
Da das Sozialrecht auf die steuerliche Einkommensermittlung Bezug nimmt, lässt sich darüber die Höhe des Gesamteinkommens beeinflussen. Das Know-how unserer Fachanwälte für Familien- und Steuerrecht ermöglicht eine Beratung aus einer Hand. Es lohnt sich, frühzeitig mit der Planung zu beginnen, da die Regelungen für das Steuerjahr 2020 relevant werden. Gerne stehen wir Ihnen für ein Beratungsgespräch zur Verfügung. Wir beraten Kinder, deren Einkommen für den Elternunterhalt in Anspruch genommen werden kann. Sprechen Sie uns an, wenn Sie rechtzeitig die Weichen stellen wollen, um den Umfang der Zahlungen zu beeinflussen und um den Spielraum für das Beibehalten ihrer eigenen Lebensgewohnheiten zu behalten.
Dr. Barbara Schramm, Fachanwältin für Familienrecht
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