Aufsichtsratsvergütung und Beratungsverträge: Anforderungen und Fallstricke

Bei der Gewährung einer Vergütung an Aufsichtsratsmitglieder oder dem Abschluss von Beratungsverträgen mit Aufsichtsratsmitgliedern sind verschiedene Anforderungen einzuhalten. Sofern im Einzelfall der Abschluss eines Beratungsvertrags zulässig ist, muss der Aufsichtsrat dem Abschluss des Beratungsvertrags zustimmen.

Vergütung der Aufsichtsratsmitglieder
Es besteht keine Pflicht zur Zahlung einer Vergütung. Allerdings ist es in der Praxis üblich, eine solche zu bezahlen.

Anforderungen an Zahlung einer Vergütung: Aufsichtsratsmitgliedern einer Aktiengesellschaft kann durch die Aktiengesellschaft eine Vergütung gewährt werden (§ 113 AktG). Voraussetzung hierfür ist, dass die Vergütung in der Satzung der Aktiengesellschaft konkret festgelegt wird oder die Vergütung auf einem Beschluss der Hauptversammlung beruht. Die Vergütung soll in einem angemessenen Verhältnis zu den Aufgaben der Aufsichtsratsmitglieder und der Lage der Gesellschaft stehen.

Auslagenersatz: Für einen angemessenen Ersatz tatsächlich angefallener Auslagen und ähnlicher Ausgaben muss hingegen grundsätzlich weder eine Rechtsgrundlage in der Satzung noch ein Hauptversammlungsschluss vorhanden sein. Beispiele hierfür sind z.B. Reise-, Übernachtungs-, Verpflegungs-, Telefonkosten.

Sonderfall Sitzungsgelder: Sitzungsgelder sind dann als Vergütung und nicht nur als Auslagenersatz einzustufen, wenn sie über den typischerweise anfallenden Aufwand (Auslagen) hinausgehen und z.B. auch den zeitlichen Aufwand für die Aufsichtsratssitzung abgelten sollen.

Form der Vergütung: Die Vergütung kann in Form einer Fixvergütung, einer variablen Vergütung oder Kombinationen hieraus erfolgen. Unzulässig ist allerdings z.B. eine Vergütung in Form von Aktienoptionen „Stock Options“. Wird (zum Teil) eine variable Vergütung gewährt, so sind die Parameter, anhand denen diese bestimmt wird, sorgfältig festzulegen.

Nichteinhaltung der Voraussetzungen für Zahlung einer Vergütung: Werden die Voraussetzungen für die Zahlung einer Vergütung an Aufsichtsratsmitglieder nicht eingehalten, so besteht ein Rückzahlungsanspruch der Gesellschaft gegen das Aufsichtsratsmitglied.

Beratungsverträge von Aktiengesellschaften mit Aufsichtsratsmitgliedern
Von der Vergütung, die an Aufsichtsratsmitglieder gewährt wird, ist strikt eine Vergütung zu unterscheiden, die durch die Aktiengesellschaft aufgrund eines Beratungsvertrags mit dem Aufsichtsratsmitglied bezahlt wird.

Inhalt des Beratungsvertrags: Eine Aktiengesellschaft darf mit ihren Aufsichtsratsmitgliedern Dienst- oder Werkverträge nur dann abschließen, wenn aufgrund des abzuschließenden Vertrags eine Tätigkeit zu erbringen ist, die über die von jedem Aufsichtsratsmitglied geschuldeten Aufgaben hinausgeht. Praktisch relevant wird der Abschluss solcher Dienstverträge mit Aufsichtsratsmitgliedern insbesondere bei Beratungsverträgen.

Geht die Tätigkeit aufgrund des Beratungsvertrags nicht über die Beratung hinaus, die bereits als Aufsichtsratsmitglied geschuldet ist, so ist der abgeschlossene Vertrag nichtig, da es sich um eine unzulässige Sondervergütung des betreffenden Aufsichtsratsmitglieds handelt. Eine etwaige bezahlte Vergütung ist durch das Aufsichtsratsmitglied zurückzuzahlen.

Zustimmungserfordernis Aufsichtsrat: Beratungsverträge mit Aufsichtsratsmitgliedern, die zulässig sind, bedürfen der vorherigen Zustimmung des Aufsichtsrats (§ 114 Abs. 1 AktG). Dadurch soll die Aktiengesellschaft vor verdeckten Aufsichtsratsvergütungen und der Gefährdung der Unabhängigkeit des Aufsichtsratsmitglieds durch zu enge Beraterbeziehungen geschützt werden.

Weite Auslegung des Zustimmungserfordernisses: Gemäß dem Wortlaut des § 114 Abs. 1 AktG ist eine Zustimmung des Aufsichtsrats nur dann erforderlich, wenn der Beratungsvertrag zwischen der Aktiengesellschaft und dem Aufsichtsratsmitglied selbst abgeschlossen wird. Eine bloße wörtliche Anwendung der Vorschrift würde jedoch erhebliches Umgehungspotenzial in sich bergen, so dass die Vorschrift über den Wortlaut hinaus angewandt wird. Dies wurde durch den BGH u.a. in seinem Urteil vom 29.06.2021 (Az. II ZR 75/20) entschieden.

Fallgruppen: Damit besteht ein Zustimmungserfordernis bei dem Abschluss von Beratungsverträgen insbesondere in den folgenden Fällen:
• Das Aufsichtsratsmitglied ist gesetzlicher Vertreter (z.B. Geschäftsführer oder Vorstand) des Vertragspartners der Aktiengesellschaft
• Das Aufsichtsratsmitglied ist Gesellschafter des Vertragspartners der Aktiengesellschaft. Dies gilt nicht nur bei einer beherrschenden Gesellschafterstellung, sondern auch, wenn das Aufsichtsratsmitglied an dem Vertragspartner lediglich beteiligt ist und dem Aufsichtsratsmitglied durch den Vertrag mittelbare Zuwendungen zufließen, bei denen es sich nicht nur um ganz geringfügige Leistungen handelt
• Der Beratungsvertrag wird mit dem Ehegatten, Lebenspartner, einem Treuhänder oder einem Strohmann des Aufsichtsratsmitglieds abgeschlossen
In welchen weiteren Fallgestaltungen eine Zustimmung des Aufsichtsrats eingeholt werden muss, ist umstritten. Dies gilt auch, aber nicht nur, für die unterschiedlichen Konzernsachverhalte. Liegt im Einzelfall eine Konstellation vor, bei der durch den Abschluss des Beratungsvertrags gleichfalls die Unabhängigkeit des Aufsichtsratsmitglieds wegen „enger“ Beraterbeziehungen beeinträchtigt werden könnte, sollte in Zweifelsfällen eine Zustimmung des Aufsichtsrats eingeholt werden.

Spätere Bestellung zum Aufsichtsratsmitglied: Ist ein Beratungsvertrag in der Vergangenheit abgeschlossen worden und erfolgt erst später eine Bestellung zum Aufsichtsratsmitglied, so unterfällt der Beratungsvertrag mit der Bestellung zum Aufsichtsratsmitglied der Zustimmungspflicht.

Rechtsfolgen bei fehlender Zustimmung: Wird die vorherige Zustimmung des Aufsichtsrats zu einem zustimmungspflichtigen Beratungsvertrag nicht eingeholt, kann der Beratungsvertrag nachträglich noch durch den Aufsichtsrat genehmigt werden. Der Aufsichtsrat hat den Vertrag jedoch nach eigenem Ermessen zu prüfen. Erteilt der Aufsichtsrat nachträglich keine Genehmigung zu dem Beratungsvertrag oder kann der Vertrag nicht genehmigt werden, so bestehen grundsätzlich Rückzahlungsansprüche der Aktiengesellschaft.

Fazit
Um eine Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften sicherzustellen und etwaige Rückzahlungsansprüche zu vermeiden, sollten im Zusammenhang mit der Aufsichtsratsvergütung und dem Abschluss von Beraterverträgen bestimmte Anforderungen eingehalten werden:

Vor der Gewährung einer Vergütung an Aufsichtsratsmitglieder ist zu prüfen, welche Voraussetzungen hierfür gelten und ob z.B. die Vergütung in der Satzung bzw. dem Hauptversammlungsbeschluss hinreichend konkret festgelegt wurde. Bei dem Abschluss von Beratungsverträgen sollte dokumentiert werden, dass sich der Beratungsvertrag von den Aufgaben des Aufsichtsratsmitglieds unterscheidet. Auch sind mögliche Zustimmungspflichten im Vorfeld im Detail zu prüfen – in Zweifelsfällen ist die Einholung der Zustimmung des Aufsichtsrats empfehlenswert.

Dr. Irene Bayer,
Fachanwältin für Steuerrecht
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