AGB-Recht: Unternehmen brauchen Flexibilität und Rechtssicherheit

In weiten Teilen gilt AGB-Recht in Deutschland auch im B2B-Bereich, selbst wenn gegenüber Unternehmen die durch §§ 305ff BGB beabsichtigen Schutzgedanken nicht im gleichen Maße erforderlich wäre wie im Verhältnis zum Verbraucher. Einen gesamthaften Ausschluss des AGB-Rechts kann man selbst dann kaum erreichen, wenn Unternehmen die von einer Partei vorgelegten Verträge mehrere Monate lang verhandeln. Denn bei umfangreichen Vertragswerken, z.B. zur Einführung einer Unternehmenssoftware, werden selten wirklich alle Klauseln des Vertragswerks besprochen und nur wenige davon angepasst haben. Doch genau dies fordert das deutsche Recht, sollen die Grundsätze des AGB-Rechts ausgeschlossen werden. Dies ist weder sachgerecht noch hilfreich.

Fokus auf den Verbraucherschutz

Das deutsche AGB-Recht ist zu starr für die Regelung von Geschäftsbeziehungen zwischen Unternehmen. Die Rechtslage ist undurchsichtig, zudem werden in der aktuellen Rechtsprechung Gedanken des Verbraucherschutzes in die Vertragsgestaltung zwischen Unternehmen übertragen. Danach soll die adressatenunfreundlichste Auslegung generell auch im unternehmerischen Rechtsverkehr gelten. Zudem führt die Anwendbarkeit und Auslegung der Regelungen in den §§ 305ff BGB zu Risiken in den Verträgen und schreckt von der Wahl des deutschen Rechts ab. Für den Wirtschaftsstandort Deutschland ist das ein klarer Nachteil.

Nachteile insbesondere für die Digitalwirtschaft

Vertragsklauseln mit weitreichenden Haftungsbegrenzungen können nach deutschem Recht aufgrund des AGB-Rechts oft nicht wirksam vereinbart werden. Daher sind ausländische Unternehmen selten bereit, deutsches Recht zu akzeptieren. Selbst deutsche Unternehmen wählen zur Vermeidung der AGB-Kontrolle mitunter lieber englisches, luxemburgisches oder schweizerisches Recht. Das gilt insbesondere für Unternehmen aus der Digitalwirtschaft mit Blick auf Vertrags- und Lizenzmodelle bei Software und Online-Angeboten.

Eine flexiblere Gestaltung des deutschen AGB-Rechts ist daher dringend notwendig, um auf globale Veränderungen und technologische Umbrüche (wie etwa Künstliche Intelligenz, Industrie 4.0, Internet of Things, Cloud-Computing) angemessen reagieren zu können.

DAV fordert Klarstellung

Im Juni 2020 hat der Deutsche Anwaltverein (DAV) den mittlerweile vierten Versuch unternommen, eine Reform voranzubringen. Er fordert eine Klarstellung im Gesetz: Für die Annahme eines Individualvertrages soll es künftig ausreichen, dass der Vertrag im Ganzen ausgehandelt worden ist. Es komme nicht darauf an, dass jede einzelne Klausel ausgehandelt wurde. Ein Verhandeln als solches muss nach Ansicht des DAV ausreichen, um einen Individualvertrag zu schließen.

Auch Unternehmernehmerverbände, die Landesjustizministerkonferenz und der Deutsche Juristentag drängen die seit Jahren auf eine Reform. Dennoch tut sich wenig, obwohl im Koalitionsvertrag vereinbart wurde: „Wir werden das AGB-Recht für Verträge zwischen Unternehmen auf den Prüfstand stellen mit dem Ziel, die Rechtssicherheit für innovative Geschäftsmodelle zu verbessern. Kleine und mittelständische Unternehmen, die Vertragsbedingungen ihres Vertragspartners aufgrund der wirtschaftlichen Kräfteverhältnisse faktisch akzeptieren müssen, sollen im bisherigen Umfange durch das AGB-Recht geschützt bleiben“.

Um den Rechts- und Wirtschaftsstandort Deutschland zu stärken, sind gesetzliche Klarstellungen nötig, die eine Vertragsfreiheit für das deutsche Recht zwischen Unternehmen herstellen. Auch wenn die Reform des AGB Rechts wünschenswert und längst überfällig ist, müssen wir mit den Fallstricken und Hürden der aktuellen Gesetzeslage umgehen. Verhandlungen und Gestaltung von Verträgen zwischen Unternehmen bilden einen Schwerpunkt unserer Kanzlei. Gerne stehe ich Ihnen bei Fragen zum Vertragsrecht zur Verfügung.

Danielle Hertneck, Fachanwältin für IT-Recht, Fachanwältin für Gewerblichen Rechtsschutz hertneck@web-partner.de