Verträge für Subunternehmer: Welche Fallstricke in IT-Projekten lauern

Bei großen IT-Projekten sind meistens mehrere Parteien im Spiel. Ein Unternehmen liefert die Softwarelösung, ein anderes wird für die Parametrierung und das Customizing eingesetzt. Weitere Dienstleister stellen Infrastruktur, Infrastrukturleistungen und Betriebsleistungen. Schließlich übernehmen andere Spezialisten die Leistungen im Bereich des Projektmanagements und der Projektsteuerung. Bei solcher Komplexität ist es verständlich, dass der Hauptauftraggeber häufig nur einen Vertragspartner haben will, der dann wiederum Vertragsbeziehungen mit den Anbietern der verschiedenen Leistungsbereiche hat. In solchen Fällen übernimmt ein Generalunternehmer die Koordination und erbringt einen Teil der Leistungen. Einen anderen Teil vergibt er an Subunternehmer. Solche Konstellationen bergen Risiken für alle Seiten. Gut gestaltete Verträge können dabei helfen, Fallstricke zu umgehen und Risiken zu minimieren. In meinem Beitrag vom November 2020 habe ich die Rolle des Generalunternehmers beleuchtet. In diesem Beitrag geht es darum, welche Herausforderungen aus der Perspektive des Subunternehmer bestehen und welche Gestaltungsmöglichkeiten es gibt.

Gestaltungsmöglichkeiten des Vertrages

In der Praxis sind Verträge über IT-Projekte meist werkvertraglich gestaltet. Typischerweise geht es um die Einführung einer Softwarelösung im Unternehmen oder den Übergang auf die Softwarelösung eines Outsourcing-Anbieters. Um den Erfolg eines Projekts sicherzustellen, kommt dem Generalunternehmer die Aufgabe zu, zwischen allen Parteien zu vermitteln und den Subunternehmer in die Pflicht zu nehmen. Gerade wenn es um Aufwände und Kosten geht, liegt es in seinem Interesse, den Subunternehmer entsprechend an Mehraufwänden und Sekundäransprüchen zu beteiligen.

Auf Subunternehmer lässt sich diese Erfolgsverantwortung nicht immer weiter übertragen. Folgende Gestaltungsmöglichkeiten sind denkbar, hängen jedoch an der konkreten Aufgabenstellung des Subunternehmers:
• Der Subunternehmer übernimmt eine Back2Back-Verantwortung für die ihm zugewiesenen Teile des Projekts oder für bestimmte, abgrenzbare und erfolgsorientierte Leistungsbereiche.
• Der Subunternehmer übernimmt nur für bestimmte, von ihm zu erbringende Leistungen eine Erfolgsverantwortung.
• Der Subunternehmer übernimmt keine Steuerungs- und damit keine Erfolgsverantwortung, sondern ist nur verantwortlich für eine ordnungsgemäße Leistungserbringung.
Eine Back2Back-Verantwortung scheint von großem Vorteil für den Generalunternehmer, kommt jedoch nur in Betracht, wenn das Projekt so aufgesetzt werden kann, dass der Subunternehmer Teilbereiche oder Teilprojekte eigenverantwortlich steuern und Verantwortung übernehmen kann. Schwierig wird es schon dann, wenn Generalunternehmer und Subunternehmer in Teilbereichen oder Teilprojekten gemeinsam tätig sind, insbesondere wenn sie Projektteams gemeinsam besetzen.

Darüber hinaus kann die Back2Back-Verantwortung dadurch relativiert sein, dass der Generalunternehmer im Rahmen seiner Gesamtverantwortung möglicherweise auch eine Überwachungs- und Kontrollfunktion hat. Selbst bei Schlechtleistung des Subunternehmers trägt dann der Generalunternehmer die Hauptlast für das Scheitern des Projekts. Auch die Übernahme der normalen Erfolgsverantwortung setzt voraus, dass der Subunternehmer faktisch eine Steuerungsverantwortung übernehmen kann. Dafür muss aber mindestens der Erfolg und die dafür zu erbringende Leistung im Detail beschrieben werden. Dies gelingt schon im Hauptprojekt häufig nicht. Im Verhältnis zum Subunternehmer scheint die detaillierte Beschreibung der zu erbringenden Leistungen und klare Abgrenzung der Verantwortlichkeiten eine noch größere Herausforderung zu sein. Schließlich bleibt die Beauftragung des Subunternehmers als Dienstleister, wobei auch im Dienstvertrag eine sorgfältige und detaillierte Leistungsbeschreibung Vertragsbestandteil sein sollte.

Risiken verteilen

Die Risiken in den Verträgen zwischen Hauptauftraggeber und Generalunternehmer sowie zwischen Generalunternehmer und Subunternehmer können sich unterscheiden. Einzelne Risiken können sich in einem Vertragsverhältnis als erfolgsneutral erweisen, in einem anderen wiederum erhebliche Probleme hervorrufen. Generell anerkannt ist das Interesse des Generalunternehmers, das Vertragsverhältnis mit seinen Subunternehmern im Einklang mit dem Vertragsverhältnis mit seinem Auftraggeber zu regeln. Andererseits kann der Generalunternehmer nicht undifferenziert die Regelungen seines Hauptvertrages an den Subunternehmer weiterreichen. Der Hauptvertrag enthält typischerweise unterschiedliche Leistungen, die von den eingesetzten Subunternehmern nicht gleichermaßen erbracht werden. Zum Beispiel stellt der Generalunternehmer im Rahmen des Projekts häufig die einzuführende Software und führt die erforderlichen Anpassungen und Weiterentwicklungen durch. Bei den Subunternehmern liegen die Leistungen in den Bereichen Customizing und Implementierung. Daraus ergeben sich unterschiedlichen Risiken, die bei der Vertragsgestaltung berücksichtigt werden müssen.

Verträge sind rechtlich selbständig

Der Generalunternehmer kann die Vertragsbedingungen aus seinem Hauptvertrag nicht pauschal weitergeben. Generalunternehmervertrag und Subunternehmerverträge sind rechtlich selbstständig. Individuelle Bedingungen aus dem Hauptvertrag muss der Generalunternehmer jeweils individuell mit seinen Subunternehmern aushandeln. Es dürfen keine vorformulierten Klauseln innerhalb der Subunternehmerverträge mehrfach verwendet werden. Solche Bestimmungen können dann im Rahmen der jeweiligen Subunternehmerverträge unter dem Gesichtspunkt der §§ 305 ff. BGB unwirksam sein.

Die Verwendung von AGB ist sicherlich unumgänglich, da der Generalunternehmer nicht mit allen Subunternehmern jede Klausel individuell aushandeln kann. Hinzu kommt, dass die Anforderungen an individuell ausgehandelte Klauseln nach der neueren Rechtsprechung eher höher werden und es auch eine Voraussetzung für das Aushandeln ist, dass die Inhalte der auszuhandelnden Klauseln ernsthaft zur Disposition gestellt werden.

Gemeinsame Ziele setzen

Die Rechtsdogmatik geht davon aus, dass Hauptvertrag und Subunternehmervertrag zwei isoliert zu betrachtende Verträge darstellen. Störungen, Änderungen oder sonstige Ereignisse, die den einen Vertrag betreffen, sind danach ohne rechtliche Bedeutung für den anderen Vertrag, sofern dies nicht ausdrücklich geregelt ist. Durch diese vereinfachende Sichtweise wird ausgeblendet, dass bei IT-Projekten regelmäßig eine Vielzahl von Unternehmern tätig wird.

Alle diese vertraglichen Beziehungen, die nach dem Gesetz voneinander unabhängig sind, haben eine Gemeinsamkeit: Sie sind Teil eines Netzwerks von Vertragsbeziehungen, die alle auf die ordnungsgemäße Erfüllung des Vertragswerks mit dem Hauptauftraggeber ausgerichtet sind. Alle Vertragswerke dienen dem Zweck, das vom Generalunternehmer übernommene IT-Projekt erfolgreich abzuschließen. Diese gemeinsame Zielsetzung, die auch in den einzelnen Verträgen Ausdruck findet, führt bei den Beteiligten in aller Regel zu dem Bewusstsein, dass sie zur Realisierung des Hauptvertrags zusammenwirken müssen. Daher kann es auch im Einzelfall ihrem Willen entsprechen, dass Ereignisse im Hauptvertrag Auswirkungen auf den Subunternehmervertrag haben können, was zu einer entsprechenden Abhängigkeit führt. Wichtig ist, dass alle Parteien auch bei Projektkrisen und Beendigungsszenarien das gemeinsame Verständnis haben, in einem Boot zu sitzen. Der Generalunternehmer hat das Interesse, dass auch Subunternehmer in Schlüsselpositionen bei der (ungewollten) Beendigung eines Hauptvertrags noch weiter an Bord sind.

Vertragszweck und Parteiwillen

Die Subunternehmerverträge bilden zusammen mit dem Hauptvertrag ein Netzwerk von Verträgen, das auf die Realisierung des Gesamtwerks gerichtet ist. Im Laufe des Projekts können im Hauptvertrag zahlreiche Ereignisse eintreten, die faktisch die Leistungen des Subunternehmers berühren. Die strikte Trennung wird nicht in jedem Fall sachgerecht sein können und entspricht häufig auch nicht dem Willen der Vertragspartner. Gerade dieser Wille sollte in den geschlossenen Verträgen aber zum Ausdruck kommen. Wenn vorgefertigte Vertragsmuster verwendet werden, sollten diese um individuelle Ausführungen zum Hintergrund, zur Rollenverteilung und zur Zielsetzung des Gesamtprojekts ergänzt werden.

Zudem ist die konkrete Konstellation der Subunternehmerleistungen im Gesamtgefüge zu berücksichtigten. Die Koordination von Hauptvertrag und Subunternehmerverträge ist nicht zwingend geboten. Wenn etwa ein Generalunternehmer von einem Subunternehmer Leistungen erbringen lässt, ohne dass dieser wesentliche Informationen über den Verwendung dieser Leistungen im Gesamtprojekt hat, verbleibt es bei dem allgemeinen Grundsatz, dass die Verträge rechtlich separat zu betrachten sind. Ereignisse im Hauptvertrag sind dann für den Subunternehmervertrag irrelevant und der Generalunternehmer trägt das Verwendungsrisiko in vollem Umfang. Dieser Grundsatz käme z.B. dann zum Tragen, wenn der Generalunternehmer im Rahmen einer Softwareeinführung von einem spezialisierten Entwickler Add-ons oder Apps erstellen lässt, der Entwickler aber nicht die Einführung eingebunden ist. Auch wenn die Einführung insgesamt scheitert, dürfte es nicht dem Parteiwillen entsprechen, dass der Entwickler einer App ohne Vergütung ausgeht.

Generell wird man die Unabhängigkeit der Vertragsverhältnisse immer annehmen können, wenn der Subunternehmer nicht weiß und auch nicht wissen musste, in welchem Ausmaß und Umfang er im Rahmen eines bestimmten Gesamtprojekts als Subunternehmer eingesetzt wird. Aber auch wenn ein Subunternehmer weiß, dass seine Leistungsanteile für ein Gesamtprojekt benötigt werden, bedeutet dies noch nicht, dass Hauptvertrag und Subunternehmervertrag mehr oder minder miteinander verzahnt sind. Bedingt durch die Usancen in bestimmten Branchen, durch die Marktstellung von Spezialunternehmen oder aus sonstigen Gründen sind bestimmte Subunternehmer zu Vertragsabschlüssen nur bereit, wenn das rechtliche Schicksal ihrer Verträge in jeder Hinsicht völlig unabhängig von Ereignissen im Hauptvertrag ist.

Gestaltungsspielräume kennen und nutzen

Anders aber wird die Situation häufig sein, wenn es sich bei dem Hauptvertrag um einen komplexen Langzeitvertrag von größerem Volumen handelt und wenn der Subunternehmer, der seinerseits umfangreichere Leistungen zu erbringen hat, erkennbar in das Gesamtprojekt einbezogen ist. Dies kann der Fall sein, wenn der Subunternehmer in einem Gremium des Hauptauftraggebers eine Position besetzt.

Insgesamt ergibt sich: Auch wenn ein Subunternehmervertrag faktisch der Erfüllung eines Hauptvertrags dient und somit im Rahmen eines Gesamtprojekts zu sehen ist, hat dies noch keine Bedeutung für die Synchronisation der Verträge oder für die Abhängigkeit einzelner Regelungen des Subunternehmervertrags von den Regelungen des Hauptvertrags. Wenn jedoch die Vertragspartner im Subunternehmervertrag ausdrücklich oder konkludent derartiges vereinbart haben, besteht eine solche Koordination zwischen den Verträgen.

In den Verträgen gibt es unterschiedliche Konstellationen, aus denen sich ergibt, ob und in welcher Form der Subunternehmer in die Pflicht genommen wird. Deshalb sollten Subunternehmer und Generalunternehmer vor Projektbeginn klären, welche Konstellation der Aufgabenstellung im konkreten IT-Projekt am besten Rechnung trägt und in welchen Bereichen der Subunternehmer tatsächlich eine Erfolgsverantwortung übernehmen kann.

Wir beraten Subunternehmer und Generalunternehmer und bei der Vertragsgestaltung und helfen ihnen dabei, die relevanten Themen zu identifizieren und vertraglich zu regeln.

Michaela Witzel, LL.M. (Fordham University School of Law), Fachanwältin für IT-Recht
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