Rechtsnatur von Kryptowährungsdarlehen

Bitcoin und andere Kryptowährungen haben aktuell keinen guten Lauf. Einige Analysten sprechen bereits von einem Kryptowinter. Aber wie eine solche Jahreszeiten-Metapher nahelegt, folgt auf den Winter eben auch der nächste Frühling. Zudem sind rund um die Kryptowährungen bereits eine ganze Reihe von Produkten und Dienstleistungen entstanden. Neben digitalen Vermögenswerten wie den Krypto-Token (siehe dazu meinen Artikel) gibt es auch Darlehensoptionen in Kryptowährungen. Die rechtliche Einordnung bleibt weiter spannend.

Im aktuellen Beitrag untersuche ich die rechtlichen Rahmenbedingungen eines solchen Kryptowährungsdarlehens, kurz auch Kryptodarlehen genannt: Ist dieses als Geld- oder Sachdarlehen zu qualifizieren? Von der Beantwortung dieser Frage hängt vor allem die Frage nach der Schutzbedürftigkeit des Schuldners und die entsprechenden Schutzmechanismen ab.

Was sind Kryptowerte?

Eine Ausgangsfrage in diesem Zusammenhang ist insbesondere, ob es sich bei Kryptowährungen um Geld oder sonstige Sachwerte handelt. Im BGB sucht man vergebens eine Definition für den Geldbegriff, geschweige denn für Kryptowerte. Das KWG hingegen bietet jedenfalls eine Definition für Kryptowerte. Sie werden nicht als Geld, sondern vielmehr als Finanzinstrumente eingestuft. Kryptowerte sind laut KWG die digitale Darstellung eines Wertes, der von keiner Zentralbank oder öffentlichen Stelle emittiert oder garantiert wird. Sie besitzen nicht den gesetzlichen Status einer Währung, werden aber als Tausch- oder Zahlungsmittel akzeptiert und können auf elektronischem Weg übertragen werden. Da die Definition eines Kreditgeschäfts nach dem KWG ausdrücklich auf das Gewähren von Geld abstellt, lässt sich das Gewähren eines Kryptodarlehens nicht einordnen.

Krypto: Geld- oder Sachdarlehen

Bei der zivilrechtlichen Einordnung von Kryptodarlehen geht es um die Frage, ob es sich um Geld- oder Sachdarlehen handelt. Zwar liefert das BGB keine Definition des Geldbegriffs aber jedenfalls aus rechtshistorischer Sicht ist eine Beschränkung nur auf offizielle Zahlungsmittel nicht ersichtlich. Auch die Vorschriften und Wertungen des Gelddarlehensrechts stehen einer Anwendung auf Kryptowährungen nicht entgegen. Abschließende Gewissheit bestünde allerdings erst, wenn das Sachdarlehensrecht als konkurrierender Vertragstyp ausgeschlossen werden kann. Grundsätzlich ist jedoch beides möglich: Ein Kryptodarlehen kann prinzipiell sowohl als Geld- wie auch als Sachdarlehen qualifizieren. Daher läuft es schließlich auf die Frage des Verbraucherschutzes hinaus, da das Sachdarlehen keinen entsprechenden Schutz bietet: Wie schutzbedürftig sind die Schuldner als Verbraucher?

Sind Unternehmen genauso schutzbedürftig wie Verbraucher?

Die Schutzbedürftigkeit bei Kryptodarlehen ist im Vergleich zu normalen Gelddarlehen noch deutlich höher, weil sie zusätzlich das Risiko erheblicher Kursschwankungen tragen. Solche Schwankungen werden im Gelddarlehensrecht bereits bei Fremdwährungsdarlehen betrachtet. Bei Kryptowährungen sind diese Kursschwankungen in der Regel noch viel höher, der final aufzubringende Betrag kaum vorhersehbar. Die besonderen Risiken und Schutzbedürfnis des Verbrauchers bei langfristigen Fremdwährungsdarlehen hat der nationale Gesetzgeber in den Bestimmungen für Fremdwährungsdarlehen zur Immobilienfinanzierung (§ 503 BGB) berücksichtigt. Eine entsprechende Anwendung auf Krypto-Immobiliendarlehen ist daher dringend geboten.

Im EU-Recht definieren die Verbraucherkredit-Richtline und die Wohnimmobilienkredit-Richtlinie den Kreditvertrag. Zwar sind auch in diesen Richtlinien Kryptodarlehen nicht ausdrücklich erwähnt, doch könnten sie als Geld- oder sonstige Finanzierungshilfe verstanden werden. Da bei Kryptodarlehen ein viel stärkeres Schutzbedürfnis als bei regulären Gelddarlehen besteht, lässt sich daraus folgern, dass die Verbraucherschutzbestimmungen auch hier Anwendung finden sollen. Diese Einordnung entspricht auch der Einschätzung des EuGH, der 2015 den Bitcoin als Geld eingestuft hat.

Weiter stellt sich die Frage, ob Unternehmer als ebenso schutzbedürftig anzusehen sind wie Verbraucher? Wenn Kryptodarlehen generell als Gelddarlehen qualifiziert werden, dann gilt das auch für Unternehmer. Die Rechtssicherheit und Schutz sind bei Gelddarlehen höher als bei Sachdarlehen. Man könnte also an die bisherige Rechtsprechung anknüpfen und lediglich die Besonderheiten von Kryptowährungen betrachten. Würden Kryptodarlehen hingegen bei Verbrauchern als Gelddarlehen und bei Unternehmern als Sachdarlehen betrachtet, würde sich die Kluft zwischen Verbrauchern und Unternehmern vergrößern.

Fazit

Damit der Schuldner wirksam geschützt werden kann, sollten Kryptodarlehen als Gelddarlehen qualifiziert werden, unabhängig davon, ob der Kreditnehmer Verbraucher oder Unternehmer ist. Eine solche Einschätzung lässt sich durchaus bei deutschen und europäischen Gesetzgebern erkennen. Diese Einordnung auch für Unternehmer ist immanent, um die Kluft zwischen Unternehmer- und Verbraucherrecht bei Darlehen nicht weiter zu vergrößern. Darüber hinaus lässt sich so die bisherige Rechtsprechung zum Gelddarlehen leichter auf Kryptodarlehen übertragen.

Wir beraten bei Vorhaben im Bereich digitaler Vermögenswerte. Insbesondere unterstützen wir unsere Mandanten dabei, Transaktionen im Zusammenhang mit Kryptowerten rechtlich einzuordnen, compliant zu gestalten und vertraglich umzusetzen.

Maren Bianchini-Hartmann, LL.M. (Fordham University School of Law),
Rechtsanwältin | attorney-at-law (New York)
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