Krypto-Token - Teil 1: Digitale Vermögenswerte: Krypto-Token ermöglichen neue Finanzierungsformen

Beim Stichwort „Krypto“ denken viele zunächst an sogenannte Digitalwährungen wie den Bitcoin als ersten und wohl bekanntesten Vertreter hier. Dabei bietet die Technologie der Blockchain, auf der diese Währungen basieren, noch viel mehr Potenzial. Es entsteht gerade ein ganzes Universum an neuen, dezentralen Finanzinstrumenten, das neue Dienstleistungen und Geschäftsmodelle hervorbringt. Über sogenannte Krypto-Token werden Vermögenswerte als Eintrag in die Blockchain abgebildet. Diese Krypto-Token sind ein wichtiger Baustein der sogenannten Decentralized Finance (DeFi) Bewegung. Sie steht für das Bestreben, Finanzdienstleistungen ohne menschliche Vermittlung und ohne zentrale Instanzen wie etwa Zentralbanken allein über die Blockchain-Technologie zu erbringen. Die BaFin definiert Krypto-Token als eine digitalisierte, auf einer Blockchain dezentral gespeicherte Abbildung von Vermögenswerten. Eine Übertragung erfolgt technisch in Form eines Computercodes von einem Teilnehmer zum anderen. Eine solche Übertragung wird durch eine kryptografisch signierte Transaktion in der Blockchain dokumentiert. Wie Krypto-Token und damit zusammenhängende Transaktionen rechtlich einzuordnen sind, ist jedoch noch keineswegs geklärt oder gefestigt.

Dezentral und disruptiv

Bei Krypto-Token geht es längst nicht mehr nur um digitale Zahlungsmittel. Jedes verkehrsfähige Recht, sofern nicht ausdrücklich besondere Formerfordernisse bestehen, können über solche Token digitalisiert und handelbar gemacht werden. So lassen sich Finanzinstrumente wie Aktien und Kredite aber auch (künftige) Ansprüche auf Waren oder Dienstleistungen damit abbilden.

Diese digitalen Abbilder von Vermögenswerten sind in der Blockchain eingetragen und lassen sich über diese kaufen und verkaufen – ähnlich wie wir das heute von Wertpapieren kennen. Dabei ist ihr Anspruch, ohne zentrale Instanzen wie Banken, Börsen und Regulatoren auszukommen. Mit diesem Ansatz bietet die Technologie ein enormes disruptives Potenzial.
• Sie macht Intermediäre und Vermittler überflüssig und senkt damit Transaktionskosten
• Sie verringert Eintrittsbarrieren und macht auch kleinste Anteile großer Vermögenswerte handelbar
• Sie hat das Potenzial, die Verfügbarkeit von Vermögenswerten für eine größere Zielgruppe zugänglich zu machen und damit bisher intransparente Märkte effizienter zu machen

Gefahren durch Missbrauch

Diese Geschäftspotenziale durch Krypto-Token bieten viel Gestaltungsspielraum, eröffnen jedoch auch Möglichkeiten des Missbrauchs - obwohl technisch jede Transkation in der Blockchain festgeschrieben und damit transparent ist, erfolgen diese in der Regel pseudonym und noch weitgehend ohne (rechtlichen) Rahmen. Um einem Missbrauch vorzubeugen und die Potenziale der digitalen Finanzierung zu erschließen, sind Regulatoren, Regierungen und Zentralbanken dabei, Rahmenbedingungen für die digitalen Vermögenswerte zu entwickeln und umzusetzen.

Dieser Beitrag bildet den Auftakt einer Reihe über Krytpo-Token, in der ich die verschiedenen Funktionen der dezentralen digitalen Finanzinstrumente vorstelle und ihre Chancen und Risiken in rechtlicher Hinsicht beleuchte.

Zahlungs-, Investment- und Utility-Token

Die Reihe befasst sich mit den unterschiedlichen Kategorien von Krypto-Token und deren aufsichts,- und zivilrechtlicher Relevanz. Dabei liegt der Fokus auf den Vorhaben, die keiner Aufsichtspflicht unterliegen und somit unter erleichterten Vorgaben umgesetzt werden können. Die Krypto-Token lassen sich dabei insbesondere in drei verschiedene Kategorien unterteilen, denen ich jeweils einen eigenen Beitrag widme:

• Zahlungs-Token: Hierunter fallen die sogenannten Kryptowährungen wie Bitcoin und Ether. Sie sind privatrechtlich geschaffene Zahlungsmittel, die sich für den Erwerb von Waren und Dienstleistungen einsetzen lassen. Ihre Kauf- bzw. Tauschkraft beruht allein auf der Erwartung der Marktteilnehmer über die zukünftige Verwendbarkeit als Zahlungsmittel.
• Investment-Token: Über diese Token werden Vermögenswerte wie etwa mitgliedschaftliche Rechte oder schuldrechtliche Ansprüche handelbar. Sie gewähren ihrem Erwerber einen Anspruch auf künftige Zahlungen oder Rechte. Sie haben eine ausgeprägte Investitionskomponente, sind in diesem Punkt vergleichbar mit Aktien oder Schuldtiteln.
• Utility-Token: auch Nutzungstoken genannt. Sie gewähren ihrem Erwerber einen Anspruch auf eine Ware oder Dienstleistung. Die rechtlichen Ausgestaltungen sind aufgrund der Vielseitigkeit der abbildbaren Leistungen sehr vielschichtig und komplex.

Die Vorbereitung und Durchführung solcher Tokenisierungen und entsprechrender Transkationen sind aktuell noch wenig reguliert und daher mit vielen Unsicherheiten und Fragestellungen verbunden. Neben kapitalmarktrechtlichen Fragen und den sich daraus ergebenden aufsichtsrechtlichen Pflichten sind Unternehmen mit zahlreichen zivilrechtlichen und steuerrechtlichen Herausforderungen konfrontiert, die eine sorgfältige Abwägung erfordern.

Wir beraten bei Vorhaben im Bereich digitaler Vermögenswerte. Insbesondere unterstützen wir unsere Mandanten dabei, Transaktionen im Zusammenhang mit Krypto-Token rechtlich einzuordnen, compliant zu gestalten und vertraglich umzusetzen.

Maren Bianchini-Hartmann, LL.M. (Fordham University School of Law), Rechtsanwältin | attorney-at-law (New York)
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