IT-Projekte: Welche Risiken trägt die Geschäftsführung? Teil 4: Konkrete Pflichten bei der Umsetzung von IT-Projekten

Mit der Bedeutung der IT für den Unternehmenserfolg wächst auch die Verantwortung der Geschäftsführer. Viele Risiken der Geschäftsführung lassen sich durch eine vorausschauende Gestaltung des Projektvertrags und die Dokumentation des Projektverlaufs begrenzen. Nachdem wir im dritten Teil unserer Serie die Pflichten bei der Vorbereitung von IT-Projekten beleuchtet haben, geht es in diesem vierten Teil der Serie um die Pflichten bei der Umsetzung.

 

Projektvertrag

Bevor das Projekt beginnt, ist der Abschluss eines klaren und umfassenden Projektvertrags unerlässlich. Erst mit seiner Unterzeichnung sollte das Projekt starten. Das ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit, wird aber in der Praxis oft vernachlässigt und schwächt im späteren Verlauf die Verhandlungsposition der Geschäftsführung.

Der Vertrag sollte die Verantwortlichkeiten des externen IT-Partners klar definieren und auch die Mitwirkungsobliegenheiten des Auftraggebers regeln. Es ist ratsam, eine Matrix zu erstellen, die die Verantwortlichkeiten übersichtlich darstellt.

Der Vertrag sollte außerdem einen detaillierten Projektplan mit verbindlichen Terminen für Meilensteine, Teil- und Gesamtabnahmen enthalten. Es ist wichtig, Mechanismen zur Eskalation von Problemen und zur Entscheidungsfindung festzulegen, beispielsweise durch die Einrichtung eines Lenkungsausschusses. Bei agilen Projekten müssen besondere Anforderungen berücksichtigt werden, um Budget und Zeitvorgaben einzugrenzen.

Sofern der Auftraggeber das Projekt nicht selbst leiten möchte, ist der Abschluss eines Werkvertrags zu empfehlen, der die Verantwortung für den Projekterfolg dem IT-Partner zuweist. Soweit das möglich ist, sollten in diesem Rahmen dienstvertragliche Elemente vermieden werden.

Ein häufiger Streitpunkt sind Nutzungsrechte. Daher sollte klar geregelt sein, dass alle erforderlichen Nutzungsrechte vom Projektpartner beschafft oder bereitgestellt werden. Besonderes Augenmerk ist hierbei auf vertragliche Regelungen zur Verwendung von Open Source Software zu legen, deren Nutzung zwar vergütungsfrei ist, aber Lizenzbedingungen wie z.B. Offenlegungspflichten unterliegt, die Haftungsrisiken begründen können.

Strikte Preisverhandlungen mit dem Projektpartner sind zwar grundsätzlich sinnvoll, bergen aber ein Risiko: Wenn der Projektpartner zu knapp kalkulieren muss, kann es sein, dass er das Projekt personell, quantitativ oder qualitativ nicht ausreichend ausstattet. Auch Vertragsstrafen sollten mit Bedacht gewählt werden. Sie mögen bei Terminüberschreitungen für die Disziplin des Vertragspartners förderlich sein, belasten aber das Verhältnis zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer und sind aus unserer Sicht nicht zwingend.

 

Kündigungsrechte

Für den Fall, dass sich das Projekt tatsächlich als undurchführbar erweisen sollte, ist sicherzustellen, dass die gesetzlichen Möglichkeiten einer ordentlichen Kündigung nicht vertraglich ausgeschlossen werden. Immer wieder hat es sich auch als Rettung erwiesen, am Ende einer ersten Projektphase ein vertragliches Sonderkündigungsrecht für den Auftraggeber außerhalb der Möglichkeiten des Werkvertragsrechtes vorzusehen.

Sollte eine mangelnde Leistungsfähigkeit des IT-Partners offenkundig werden, kann dann der Vertrag ohne Begründung und mit reduzierter Vergütung beendet werden. Geht der Werkvertrag mit einer Softwarelizenz einher, z.B. bei Implementierungsprojekten, muss die Kündigung auch die teure und auf mehrere Jahre angelegte Softwarelizenz erfassen.

 

Dokumentation

Eine umfassende Dokumentation ist entscheidend für die rechtliche Absicherung der Geschäftsführung. Sämtliche Überlegungen, Entscheidungen und Risikoeinschätzungen sollten schriftlich festgehalten werden. Denn die Geschäftsführung ist darlegungs- und beweispflichtig dafür, dass sie etwa bei unternehmerischen Entscheidungen die Business Judgement Rule eingehalten hat. Das erfordert in der Regel umfangreiche Darlegungen, die oft nur möglich sind, wenn die Geschäftsführung vor, während und nach der Projektdurchführung umfangreich die eigenen Entscheidungsprozesse schriftlich dokumentiert hat.

Insbesondere Projektentscheidungen und Alternativen sowie die Auswahlprozesse für externe IT-Partner sollten schriftlich festgehalten werden. Fachkundige Stellungnahmen durch externe Berater (Rechtsanwälte, selbstständige IT-Berater etc.) sind hilfreich, gerade wenn es um Aspekte geht, zu denen der Geschäftsführung die eigene Sachkunde fehlt. Die Beratung durch externe Experten hebt die Verantwortung der Geschäftsführung für die wesentlichen Projektentscheidungen nicht auf, entlastet sie aber hinsichtlich der geprüften Einzelfragen.

 

In-house Betreuung

Die Zusammenarbeit mit einem externen IT-Partner erfordert eine sorgfältige Kontrolle seitens des Unternehmens. Es empfiehlt sich, die Überschreitungen von Lieferfristen und sonstige Schwierigkeiten des IT-Partners mit der Vertragserfüllung festzuhalten. Umgekehrt sollten Behinderungsanzeigen des IT-Partners umgehend schriftlich beantwortet werden. Auch eigene Change Requests sollten präzise formuliert werden und die Reaktionen der IT-Projektpartner hierauf hinterfragt und kommentiert werden.

Wenn es Schwierigkeiten im Projekt gibt, liegt es in der Verantwortung der Geschäftsführung, die geeigneten Eskalationsschritte zu wählen. Konkret bedeutet das zu entscheiden, wann und in welcher Form die höheren Mitarbeiterebenen des IT-Projektpartners bis hin zu dessen Geschäftsführung eingebunden werden.

Gerade bei größeren und komplexeren Projekten kann es sinnvoll sein, neben der operativen Kooperation mit den IT-Projektpartnern eine unabhängige Begleitung durch IT-Berater zu beauftragen. Dies wird insbesondere dann der Fall sein, wenn der Geschäftsführung eigene Expertise fehlt und die Geschäftsführung ansonsten auf die Beratung durch die IT-Projektpartner angewiesen wäre, die jedoch im Projekt eigene Interessen verfolgen.

 

Bisher erschienen: