AGB-Recht – Teil 1: Die Krux des gesetzlichen Leitbilds und der Transparenz

1. Verbot der unangemessenen Benachteiligung

Der Einsatz von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), d.h. vorformulierten und mehrfach verwendeten Vertragsklauseln, soll Vertragsabschlüsse vereinfachen und standardisieren. In dieser Form sind die AGB ein Produkt unserer Konsumgesellschaft und des massenhaften Warenverkehrs. Unternehmen, die eine Vielzahl von Verträgen schließen, ist es schlicht nicht möglich, Verträge durch Individualvereinbarungen zu regeln. Dies geben weder die Anzahl der Kunden noch die Gewinnmargen her. Darüber hinaus will ein Unternehmen vergleichbare Vertragsbedingungen mit Kunden und keine individuellen Sonderlocken, die im Zweifel nur erhöhte Risiken bergen. Natürlich sollen AGB-Klauseln auch (rechtliche) Vorteile und Sicherheit für den Verwender der AGB bringen. Soweit die Theorie, die Hürden der deutschen AGB-Gesetzgebers machen das aber schwer.

Die Bestimmungen der § 307 ff BGB sollen verhindern, dass Unternehmen und Kaufleute ihre Vertragspartner mit einseitigen Vertragsbedingungen an Bestimmungen binden, die mögliche Risiken zu Lasten der Kunden auslegen und unangemessene Benachteiligungen des schwächeren Vertragspartners verhindern. Klauseln sind dann unwirksam, wenn sie den anderen Vertragsteil entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kommt vor allem dann infrage, wenn die jeweils bestehenden Rechte und Pflichten in einem erheblichen Ungleichgewicht zueinanderstehen. Es gelten solche Klauseln als unangemessen benachteiligend, die sich aus der Natur des Vertrags ergebende wesentliche Rechte und Pflichten einschränken und so die Erreichung des Vertragszweckes gefährden.

Mit diesem Maßstab wird das Prinzip der Vertragsfreiheit eingeschränkt. An und für sich dispositives Recht wird zur Benchmark.

2. Transparenzgebot

Nicht nur Klauseln, die gegen das gesetzliche Leitbild verstoßen, sind regelmäßig unwirksam, sondern auch Klauseln, die intransparent sind. Eine Klausel ist nur dann transparent, wenn sie die Rechte und Pflichten des anderen Vertragsteils klar und nachvollziehbar darstellt. Dazu gehört eine verständliche sprachliche Formulierung, wie auch inhaltlich das Aufzeigen der wirtschaftlichen Bedeutung der Klausel. Klauseln müssen zudem hinreichend konkretisiert sein, sodass dem Verwender kein zu großer Deutungsspielraum verbleibt und die Folgen der Klausel für den Vertragspartner abschätzbar sind. Viele AGB – gerade auch solche, die die Erbringung von IT-Leistungen regeln - sind leider weit entfernt davon transparent zu sein.

3. Trotzdem AGB?

Trotz dieser Einschränkung der Vertragsfreiheit haben die AGB nicht von der Hand zu weisende Vorteile. Folgende Ziele lassen sich erreichen:
• Rationalisierung/Standardisierung: Durch das Verwenden von AGB soll der Vertriebs-, aber auch der Einkaufsprozess vereinfacht werden, etwa durch geringeren Zeitbedarf beim Abschluss des Vertrages, was schließlich dazu beiträgt, die Kosten zu senken. Im Übrigen sind Verträge über die Kundenbasis oder die Lieferantenbasis leichter vergleichbar, wenn die Inhalte standardisiert sind.
• Umfassende Regelung: Wo die gesetzlichen Regelungen nicht ausreichen, sollen AGB helfen, das Rechtsverhältnis umfassend zu regeln. Dies gilt insbesondere für bestimmte gesetzlich nicht geregelte Vertragstypen, die aber für den Wirtschafts- und Rechtsverkehr wichtig sind – etwa Leasingverträge, Giroverträge, Factoring-Verträge, Automatenaufstellungsverträge etc.
• Rechtsfortbildung: Durch das Verwenden von AGB werden auch vorhandene abdingbare gesetzliche Regelungen fortentwickelt, etwa beim kaufvertraglichen Mängelrecht durch Einführung eines Nachbesserungsanspruchs, der dann durch die Schuldrechtsreform ins BGB übernommen wurde.
• Risikoverteilung: Der wichtigste Zweck der AGB ist meistens, die Rechtsstellung des Verwenders im Verhältnis zum anderen Vertragsteil zu stärken. Damit kann sich zum Beispiel der Verwender von Verpflichtungen freizeichnen und Risiken auf den Partner abwälzen. Allerdings ist das im Verhältnis zum Verbraucher zu dessen Nachteil nicht möglich und auch B2B nur sehr eingeschränkt.

Die Gefahr, dass Klauseln in den AGB unwirksam sind, wenn sie vom Leitbild des dispositiven Rechts abweichen (siehe dazu § 307 BGB), ist hoch Die Rechtsprechung der deutschen Gerichte dazu ist restriktiv. In dieser Serie zum AGB-Recht gehe ich in loser Folge auf unterschiedliche Aspekte des Themas ein. Dabei geht es um wichtige Klauseln, die für die Geschäftsbeziehungen vor allem zwischen Unternehmen relevant sind:

  1. Freizeichnungs- und Haftungsklauseln

  2. Höhere Gewalt: was ist zulässig?

  3. Kündigungsklauseln: was ist zulässig?

  4. Mediations- und Schlichtungsklauseln

  5. Auditklauseln

Michaela Witzel, LL.M. (Fordham University School of Law), Fachanwältin für IT-Recht
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