AGB-Recht: aktuelle Urteile - Teil 1: BGH

Der Einsatz von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) soll Vertragsabschlüsse vereinfachen und standardisieren. Natürlich sollen AGB-Klauseln auch rechtliche Vorteile und Sicherheit für den Verwender der AGB bringen. Soweit die Theorie. In der Praxis der Rechtsprechung tauchen allerdings immer wieder Hürden auf. Der Bundesgerichtshof hat sich in mehreren Urteilen mit Fragen des AGB-Rechts beschäftigt, auf die ich in diesem Beitrag näher eingehe und die Folgen betrachte.

Preisanpassungsklauseln

Wenn in einer Preisanpassungsklausel nur eine der verschiedenen Preiskomponenten unwirksam ist, dann führen die Vorgaben für die vertragliche Ausgestaltung solcher Klauseln dazu, dass die übrigen Preiskomponenten in der Regel davon trennbar sind. Im konkreten Fall war dies der Arbeitspreis bei einem Fernwärmelieferanten, also die Vergütung für die konkret abgenommene Wärmemenge. In seinem Urteil vom 26. April 2022 hat der BGH entschieden, dass solche Preisanpassungsklauseln daher einer gesonderten Wirksamkeitsprüfung unterworfen werden. Die Unwirksamkeit der Anpassungsklausel zum Arbeitspreis berührt daher weder die Wirksamkeit des Wärmeliefervertrags noch diejenigen Teile der Preisanpassungsklausel, die sich auf den Bereitstellungspreis bezieht, der die Vorhalte- und Investitionskosten des Lieferanten abbildet.

Jahresentgelt Bausparkasse

Viele Bausparkassen haben in den vergangenen Jahren jährliche Kontoentgelte eingeführt oder erhöht. Solche Gebühren sind in der Sparphase unzulässig, wie der BGH in seinem Urteil vom 15. November 2022 entschieden hat.

Dabei ordnen die Richter das Jahresentgelt als Entgelt für Verwaltungstätigkeit ein. Damit ist das Jahresentgelt keine rechtlich selbstständige Sonderleistung des Bausparers, sondern soll der Bausparkasse „eine von Gesetzes wegen zu erbringende Verwaltungstätigkeit“ abgelten.

Aus Sicht des BGH ist die beanstandete Klausel als unvereinbar mit wesentlichen Grundsätzen der gesetzlichen Regelung einzuordnen. Denn die Bausparkasse wälzt den Eigenaufwand für die Verwaltung, Steuerung und Führung einer Zuteilungsmasse auf ihre Kunden ab. Angesichts der flächendeckenden Wirkung des Urteils des BGH ist zu klären, für welchen Zeitraum Bausparkassen mit Rückforderungen ihrer Kunden rechnen müssen und welche Bedeutung den Verjährungsfristen zukommt. Mit dem Blick auf unionsrechtliche Gesichtspunkte wie insbesondere den Effektivitätsgrundsatz stellt sich die Frage, ob ein Betrachtungszeitraum möglicherweise über zehn Jahre hinaus läuft.

Digitalsperre einer Autobatterie

Die Autobatterie eines E-Fahrzeugs sollte sich via Fernzugriff sperren lassen. Dies sahen die AGB einer französischen Bank vor. Die von der Bank verwendeten Batterie-Mietbedingungen sahen vor, bei einer fristlosen Kündigung die Wiederauflademöglichkeit eine Autobatterie eines E-Fahrzeugs via Fernzugriff zu sperren. Eine solche Klausel zur Fernabschaltung der Batterie in den AGB ist unwirksam. Der BGH erkannte in seinem Urteil vom 26. Oktober 2022 auf eine missbräuchliche Verfolgung der Vermieterinteressen. Die Last zur Nutzung der Batterie wird in unzulässiger Weise auf den Mieter abgewälzt. Zudem wäre der Mieter bei Mietminderung oder Zurückbehaltung immer dem Risiko ausgesetzt, dass der Vermieter seinerseits kündige und vom seinem Recht auf Sperrung Gebrauch macht.

Verjährungsfristverkürzung

Im Zusammenhang mit dem Diesel-Abgasskandal hat das Kraftfahrt-Bundesamt Mercedes-Benz zu Rückrufen verpflichtet. Ein Käufer eines Autos mit sogenanntem Thermofenster machte daraufhin eine Rückabwicklung des Kaufvertrags mit Berufung auf das Gewährleistungsrecht geltend.

Der BGH beschäftigte sich mit der Frage, ob eine Verjährungs-AGB in einem Gebrauchtwagen-Bestellformular wirksam ist. In Urteil vom 23. Februar 2022 stellten die Richter fest, dass die Verjährungsfrist für Sachmängel nicht nur reine Gewährleistungsansprüche erfasst, sondern auch die zeitliche Haftungsbegrenzung für Folgeschäden. An die Stelle der unwirksamen Klausel tritt die gesetzliche, zweijährige Verjährungsfrist.

Anfechtbarkeit einer Bürgschaft

Bei einem Bauvertrag hatte die Auftraggeberin mit ihrem Vertragspartner vereinbart, dass zur Ablösung eines Gewährleistungseinbehalts von 5% der Bausumme eine Bankbürgschaft zu stellen ist. In den AGB der Auftraggeberin heißt es dazu: „Auf die Einreden der Anfechtung, der Aufrechnung sowie der Vorausklage gemäß den §§ 770, 771 BGB wird verzichtet.“ Die Auftraggeberin klagte gegen eine Versicherung als Bürgen des Bauunternehmers.

Im Urteil vom 25. Januar 2022 hält der BGH an seiner Linie fest: Eine Ausschlussklausel der Einrede der Anfechtbarkeit im Bürgschaftsvertrag benachteiligt den Bürgen nicht unangemessen entgegen den Geboten von Treu und Glauben.

Ein in einem Vertrag über Bauleistungen formularmäßig vereinbarter Gewährleistungseinbehalt führt nicht zu einer unangemessenen Benachteiligung des Werkunternehmers, wenn ein fairer Ausgleich dafür vorgesehen ist, dass der Werklohn nicht sofort ausgezahlt wird, das Bonitätsrisiko getragen wird und die Verzinsung des Werklohns vorenthalten wird. Es reicht aus, dem Werkunternehmer das Recht einzuräumen, den Einbehalt durch Stellung einer selbstschuldnerischen, unbefristeten Bürgschaft abzulösen.

Wir beraten Unternehmen bei der Gestaltung von Verträgen und unterstützen sie beim Bewerten von Haftungsrisiken und beim Ausarbeiten der relevanten Klauseln für die AGB.

Michaela Witzel, LL.M. (Fordham University School of Law),
Fachanwältin für IT-Recht
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