Workation – Teil 1: Arbeitsrechtliche Rahmenbedingungen

Immer mehr Arbeitnehmer arbeiten – zumindest teilweise – aus dem Home-Office. Für viele bietet es sich an, dabei Arbeit und Urlaub in Form von Workation miteinander zu kombinieren. Der Begriff Workation ist ein Kunstwort, das aus den englischen Begriffen für Arbeit (Work) und Urlaub (Vacation) zusammengesetzt ist. Es handelt sich also um eine Form der Arbeit, die an einem beliebigen Urlaubsort ausgeübt werden kann. Es kann bedeuten, dass der Arbeitnehmer den Urlaub verlängert, indem er am Urlaubsort bleibt und dort auch arbeitet – teilweise für einige Tage, teilweise aber auch für mehrere Monate. Workation kann außerdem bedeuten, dass der Arbeitnehmer auf seinen eigenen Wunsch im Ausland tätig ist.

Es handelt dabei sich nicht um eine klassische Entsendung, bei der der Arbeitgeber selbst die Tätigkeit im Ausland anordnet. Die Fallgestaltungen können sehr unterschiedlich sein: Ein Arbeitnehmer ist einmalig zwei Wochen zur Workation in Barcelona, ein anderer arbeitet die Sommermonate über beinahe ununterbrochen vom Gardasee aus.

Dabei ergeben sich eine Reihe arbeitsrechtlicher, steuerrechtlicher und versicherungsrechtlicher Fragen. In ersten Teil meiner Serie zum Thema Workation erläutere ich die wesentlichen Rahmenbedingungen des Arbeitsrechts und gebe Handlungsempfehlungen für die vertragliche Umsetzung.

 

Darf ein Arbeitnehmer im Urlaub arbeiten?

Grundsätzlich schließen sich Arbeit und Urlaub gegenseitig aus. Workation bedeutet nicht, dass der Arbeitnehmer nebenher ein wenig arbeitet. Der Begriff meint vielmehr, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung voll erbringt, nur eben vom Urlaubsort aus. Sobald der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung erbringt, verbraucht er keine Urlaubstage. Und umgekehrt gilt: Auch in der Workation schuldet der Arbeitnehmer die volle Leistung. Arbeitet er nur ein wenig nebenbei, ist das nicht der Fall – und der Arbeitnehmer begeht im schlimmsten Fall einen strafbewährten Arbeitszeitbetrug.

 

Ist Workation von überall aus möglich?

Grundsätzlich ja. Allerdings unterscheiden sich die rechtlichen Folgen erheblich danach, ob der Arbeitnehmer im EU-Ausland oder in einem Drittstaat arbeitet. In diesem Beitrag gehe ich von dem Fall aus, dass ein EU-Bürger innerhalb der EU arbeitet.

 

Welches Recht ist anwendbar?

Bei Sachverhalten mit grenzüberschreitendem Bezug stellt sich immer die Frage, welches Landesrecht anwendbar ist. Die sogenannte Rom I-Verordnung regelt innerhalb der EU, welches Recht auf grenzüberschreitende Verträge Anwendung findet. Grundsätzlich gilt dabei folgendes: Die Parteien können eine Rechtswahl treffen. Im Arbeitsvertrag kann also geregelt werden, dass deutsches Recht anwendbar ist. Fehlt eine solche Regelung, kommt es auf den „gewöhnlichen Arbeitsort“ an. Ein nur kurzer Aufenthalt im Ausland ändert nichts daran, dass der gewöhnliche Arbeitsort in Deutschland liegt.

Anders kann es nur bei sehr langen Aufenthalten sein, bei denen vielleicht noch dazu unklar ist, ob der Arbeitnehmer überhaupt wieder an den deutschen Arbeitsplatz zurückkehren will. Eine Anknüpfung an ausländisches Arbeitsrecht ist in jedem Fall zu vermeiden. Aber selbst wenn die Parteien vereinbart haben, dass deutsches Recht anwendbar sein soll, gilt der sogenannte Günstigkeitsvergleich: Für jede einzelne Bestimmung des Arbeitsrechts ist nun zu prüfen, ob die deutsche oder die ausländische Regelung für den Arbeitnehmer günstiger ist – es gilt die günstigere.

 

Auch Workation ist Home-Office

Grundsätzlich sollte eine Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag die Rahmenbedingungen des Home-Offices regeln – dazu gehört etwa, wann und wie der Arbeitnehmer auch aus dem Home-Office erreichbar sein soll, welche Arbeitsmittel ihm dazu gestellt werden (Laptop etc.) und für welche arbeitsschutzrechtlichen Vorgaben der Arbeitnehmer selbst verantwortlich ist. Da auch „Workation“ der Sache nach eine Tätigkeit aus dem Home-Office ist, müssen diese Punkte geregelt sein.

 

Empfehlungen für die arbeitsrechtliche Umsetzung

  • Im Arbeitsvertrag sollte geregelt sein, dass deutsches Recht anwendbar ist.

  • Arbeitgeber sollten Workation nach Möglichkeit nur für kurze Zeiträume gewähren. In einer entsprechenden Zusatzvereinbarung sollte dieser Zeitraum klar definiert werden, um die Anwendbarkeit ausländischen Arbeitsrechts zu vermeiden.

  • Die Anwendbarkeit deutschen Rechts sollte bestimmt werden. Will der Arbeitnehmer länger im Ausland arbeiten, muss der konkrete Fall sorgfältig überprüft werden. Auch hier sollte eine Zusatzvereinbarung die wesentlichen Punkte festhalten.

  • Sobald der Arbeitnehmer aus dem Home-Office tätig wird, sollte grundsätzlich eine Zusatzvereinbarung die Details regeln. Dabei sollte auch vorgegeben werden, dass das Home-Office nicht ohne eine schriftliche Erlaubnis des Arbeitgebers im Ausland errichtet werden darf.

Wir beraten Arbeitgeber und Arbeitnehmer bei allen Fragen rund um Home-Office, Workation und das Arbeitsrecht.

Benedikt Bögle

boegle@web-partner.de