Vorsorgevollmacht: So vermeiden Sie Streit und Missbrauch
Mit einer Vorsorgevollmacht bevollmächtigen Sie eine oder mehrere Personen Ihres Vertrauens dazu, in Ihrem Namen zu handeln, falls Sie selbst dazu nicht mehr in der Lage sind. In diesem Teil der Serie geht es darum, wie Sie Streit und Missbrauch verhindern und welche Maßnahmen Sie ergreifen können, um Ihre Interessen bestmöglich zu schützen.
Die Auswahl der richtigen Bevollmächtigten
Der wichtigste Schritt zur Vermeidung von Konflikten und Missbrauch beginnt bereits bei der Auswahl der Person, der Sie Ihre Vollmacht anvertrauen. Diese Entscheidung sollte mit Bedacht getroffen werden, denn die ausgewählte Person erhält weitreichende Befugnisse, die sie im Ernstfall zu Ihrem Vertreter in allen wichtigen Angelegenheiten machen.
Wichtige Auswahlkriterien:
Vertrauen: Wählen Sie jemanden, dem Sie voll und ganz vertrauen. Idealerweise sollte es sich um eine Person handeln, die Ihre Werte und Wünsche kennt und respektiert.
Zuverlässigkeit: Die bevollmächtigte Person sollte zuverlässig und verantwortungsbewusst sein, da sie möglicherweise unter Druck schnelle und schwierige Entscheidungen treffen muss.
Kommunikationsfähigkeit: Besonders wenn mehrere Bevollmächtigte eingesetzt werden, ist es wichtig, dass diese gut miteinander kommunizieren können, um Konflikte zu vermeiden.
Viele Menschen entscheiden sich dafür, mehrere Personen zu bevollmächtigen – etwa den Ehepartner und ein erwachsenes Kind. Dies kann sinnvoll sein, um sicherzustellen, dass immer eine handlungsfähige Person zur Verfügung steht. Allerdings birgt dies auch das Risiko von Meinungsverschiedenheiten und Konflikten.
Einzel- oder Gesamtvertretung?
Bei mehreren Bevollmächtigten ist ein häufiger Streitpunkt die Frage, ob diese einzeln oder nur gemeinsam handeln dürfen. Eine Einzelvertretungsbefugnis ermöglicht es jedem Bevollmächtigten, unabhängig von den anderen Entscheidungen zu treffen. Dies erhöht die Handlungsfähigkeit, birgt aber auch das Risiko widersprüchlicher Handlungen. Eine Gesamtvertretung, bei der alle Bevollmächtigten gemeinsam handeln müssen, reduziert dieses Risiko, kann jedoch in der Praxis zu Verzögerungen führen, wenn die Bevollmächtigten sich nicht einig sind oder einer von ihnen unerreichbar ist.
Informations- und Rechenschaftspflicht
Eines der häufigsten Probleme in der Praxis ist die Frage, inwieweit die bevollmächtigte Person verpflichtet ist, Auskunft über ihre Entscheidungen und Handlungen zu geben. Ohne klare Regelungen kann es zu Misstrauen und sogar zu rechtlichen Auseinandersetzungen kommen.
Rechenschaftspflicht: Wenn Sie möchten, dass Ihr Bevollmächtigter regelmäßig Rechenschaft ablegt, sollten Sie dies explizit in der Vorsorgevollmacht festlegen. Sie können beispielsweise bestimmen, dass die Bevollmächtigten jährlich eine Übersicht über ihre Handlungen vorlegen müssen.
Begrenzung der Pflichten: Um den Bevollmächtigten nicht zu überfordern und das Vertrauen nicht zu untergraben, können Sie die Rechenschaftspflicht auch einschränken, z.B. nur auf größere finanzielle Transaktionen oder auf den Fall, dass bestimmte Bedingungen eintreten.
Kontrolle des Bevollmächtigten
Auch wenn Sie der bevollmächtigten Person voll vertrauen, kann es sinnvoll sein, zusätzliche Kontrollmechanismen zu installieren, um sicherzustellen, dass Ihre Wünsche wirklich beachtet werden.
Kontrollbevollmächtigter: Eine Möglichkeit ist die Benennung eines Kontrollbevollmächtigten, der das Handeln des Bevollmächtigten überwacht. Dieser kann in bestimmten Fällen auch das Recht haben, die Vollmacht zu widerrufen, wenn er feststellt, dass der Bevollmächtigte nicht im Sinne des Vollmachtgebers handelt.
Regelmäßige Überprüfung: Sie können in Ihrer Vorsorgevollmacht festlegen, dass die bevollmächtigte Person regelmäßig Bericht an eine dritte Person (z.B. einen Anwalt oder einen Notar) erstatten muss. Dies schafft zusätzliche Sicherheit und kann Missbrauch verhindern.
Schutz vor Missbrauch
Die Angst vor Missbrauch ist einer der häufigsten Gründe, warum Menschen zögern, eine Vorsorgevollmacht zu erteilen. Um diese Sorge zu nehmen, gibt es verschiedene Maßnahmen, die Sie ergreifen können.
Rangfolge der Bevollmächtigten: Sie können eine klare Rangfolge festlegen, in der die bevollmächtigten Personen handeln dürfen. So kann beispielsweise der Ehepartner vorrangig handeln, während die Kinder nur dann Entscheidungen treffen dürfen, wenn der Ehepartner verhindert ist.
Beschränkungen für unentgeltliche Zuwendungen: Um zu verhindern, dass der Bevollmächtigte unbedachte Schenkungen oder andere unentgeltliche Verfügungen vornimmt, können Sie in der Vollmacht entsprechende Beschränkungen festlegen.
Wirksamkeit der Erklärungen
Viele Menschen sind sich nicht bewusst, dass eine Vorsorgevollmacht oft sofort nach ihrer Erteilung gültig ist, auch wenn der Vorsorgefall (z.B. eine Geschäftsunfähigkeit) noch nicht eingetreten ist. Dies kann dazu führen, dass der Bevollmächtigte voreilig handelt.
Eine bewährte Methode, um dies zu verhindern, ist die sogenannte Schubladenlösung. Dabei bewahren Sie das Original der Vorsorgevollmacht selbst auf und händigen es dem Bevollmächtigten erst dann aus, wenn der Vorsorgefall tatsächlich eingetreten ist. So bleibt die Vollmacht zwar grundsätzlich wirksam, kann aber erst genutzt werden, wenn Sie es für notwendig erachten.
Fazit
Eine Vorsorgevollmacht ist ein wichtiges Instrument, um Ihre Selbstbestimmung zu sichern und Ihre Interessen im Ernstfall zu schützen. Doch sie erfordert sorgfältige Planung und klare Regelungen, um Streitigkeiten und Missbrauch zu vermeiden. Wir beraten bei der Erstellung einer Vorsorgevollmacht, um spätere Streitigkeiten und Missbrauch zu vermeiden.
Rechtsanwältin Celia Wester
Expertin für Familienrecht, Erbrecht
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