Die geplante Neufassung des Geldwäscheparagraphen und die Steuerhinterziehung

Mehr „Durchgriff“ bei der Geldwäsche

Geldwäsche ist ein bedeutendes Problem auf nationaler, europäischer und globaler Ebene. Gesetzgeber, Justiz und Behörden setzen deshalb viel daran, die strafrechtliche Verfolgung der Geldwäsche zu stärken. Als Teil dieser Strategie hat das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz am 11. August 2020 einen Referentenentwurf veröffentlicht, mit dem u.a. der Straftatbestand der Geldwäsche (§ 261 StGB) neu gefasst werden soll (vgl. den „Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der strafrechtlichen Bekämpfung der Geldwäsche“). Die Neufassung soll am 3. Dezember 2020 in Kraft treten.

Bislang setzt die Strafbarkeit voraus, dass sich die Geldwäschehandlung auf einen Gegenstand bezieht, der aus einer „Vortat“ herrührt. Was taugliche Vortat ist, bestimmt das Gesetz derzeit anhand eines abschließenden Kataloges von Delikten. Es handelt sich dabei durchwegs um Straftaten der schweren Kriminalität, wie der Bildung krimineller und terroristischer Vereinigungen, der Bestechung, dem Drogenhandel und verschiedenen gewerbs- oder bandenmäßig begangenen Vergehen. Auch die gewerbs- oder bandenmäßige Steuerhinterziehung fällt darunter. Künftig soll nun der Katalog entfallen und jedwede Straftat taugliche Vortat einer Geldwäsche sein. Der Gesetzgeber verspricht sich davon, dass die „Geldwäschestrafbarkeit deutlich häufiger als bisher greift“.

Können hinterzogene Steuern gewaschen werden?

Um die Strafbarkeitsrisiken nicht ausufern zu lassen, sieht sich der Gesetzgeber veranlasst, zu dem erheblich ausgeweiteten Anwendungsbereich des Geldwäschetatbestandes ein Gegengewicht zu schaffen. Die Voraussetzungen der Strafbarkeit sollen deshalb präziser als bislang bestimmt und „anderweitig“ wieder eingeschränkt werden. So entfällt künftig die Strafbarkeit wegen Leichtfertigkeit; die Geldwäsche wird also zwingend vorsätzliches Handeln voraussetzen.
Als weitere Maßnahme soll § 261 Abs. 1 S. 3 StGB ersatzlos gestrichen werden, der bislang regelt, dass sich eine Geldwäschehandlung in Fällen der gewerbs- oder bandenmäßigen Steuerhinterziehung auch auf „die durch die Steuerhinterziehung ersparten Aufwendungen“ beziehen kann. Mit anderen Worten: Nach aktueller Rechtslage ist es strafbar, hinterzogene Steuern zu waschen, obwohl es sich dabei nicht um einen „illegal erworbenen Vermögensgegenstand“ handelt, sondern um „ersparte Aufwendungen“ in Form der nicht bezahlten Steuer.

Wenn die Annahme von Wechselgeld strafbar ist

Diese gesetzliche Konstruktion führt vielfach zu Problemen: So ist es zwar möglich, die ersparten Aufwendungen zu beziffern (in Höhe der hinterzogenen Steuer), aber nicht, die Ersparnis im Gesamtvermögen des Täters zu identifizieren und zu konkretisieren. Infolgedessen ist es – in der Theorie – folgerichtig, das gesamte Vermögen des Hinterziehungstäters als „kontaminiert“ anzusehen. In der Praxis würde die Totalkontamination dazu führen, dass das Vermögen des Steuerhinterziehers verkehrsunfähig wird, weil jede – vorsätzliche oder auch nur leichtfertige – Entgegennahme von Teilen dieses Vermögens als Geldwäsche strafbar wäre.
Illustres Beispiel ist der Stammgast, der weiß oder auch nur vermutet, dass der Wirt Steuern hinterzieht; ist die Annahme des Wechselgeldes strafbare Geldwäsche? Die Rechtspraxis ist an dieser Schwierigkeit bislang gescheitert.

Es bleibt ein schiefes Bild

Dem Referentenentwurf zufolge sollen deshalb hinterzogene Steuern nicht mehr unter § 261 StGB fallen. Das gilt freilich nicht für ungerechtfertigte Steuervergütungen, wie beispielsweise Vorsteuererstattungen, die infolge unzutreffender Umsatzsteueranmeldungen erschlichen werden. Sie sollen nach wie vor tauglicher Geldwäschegegenstand sein.
Das wiederum wird zu seltsam anmutenden Ergebnissen führen. Denn ob eine unzutreffende oder unvollständige Steuererklärung zu einer falschen Steuerfestsetzung oder zu einer Erstattung führt, hängt häufig von Faktoren ab, die nichts mit der eigentlichen Hinterziehungshandlung zu tun haben oder auch nur auf Zufall beruhen. Auch die Teilnehmer an einem Umsatzsteuerkarussell können künftig aus der „Geldwäscheperspektive“ vollkommen unterschiedlich zu behandeln sein, je nach dem, welche Funktion sie in dem Karussell erfüllen und trotz des gemeinsam gefassten und ausgeführten Tatplans.
Man könnte meinen, der Gesetzgeber habe vor den Herausforderungen kapituliert, die er sich mit dem kaum handhabbaren Geldwäscheparagraphen selbst gestellt hat. Der Referentenentwurf jedenfalls hinterlässt einen unausgewogenen Eindruck.

Ungeachtet der Schwierigkeiten des bisherigen wie des künftigen Rechts: Wir unterstützen Unternehmen, ihre Compliance-Systeme im Hinblick auf Gefahren aus Geldwäsche, aus Steuerhinterziehung und aus anderen Delikten aktuell zu halten.

Dr. Hilmar Erb, Fachanwalt für Strafrecht und Steuerrecht
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