Managen von IT-Projekten – Teil 1: Die Grundlagen
Die Weichen werden am Anfang gestellt – neben der technischen Planung steht das Erstellen der Verträge. Gute IT-Projektverträge enthalten nicht nur Regelungen, die im Fall eines Scheiterns greifen. Ihr Hauptfokus sollte auf den Regelungen liegen, die am Ende den Erfolg eines Projekts also insbesondere einen guten Projektverlauf, ermöglichen. Dazu gehört ein gut abgestimmtes Projektmanagement.
Gerade bei komplexen IT-Projekten gibt es auf Seiten der Beteiligten sehr viele unterschiedliche Erwartungen an den Funktionsumfang, an die Bedienung, an die Zusammenarbeit mit den Vertragspartnern usw. Investiert ein Auftraggeber zu wenig Zeit und Ressourcen in das Managen von Projekten, kann er bei der Implementierung häufig böse Überraschungen erleben. Viele IT-Projekte scheitern nicht an unzureichender Technik, sondern an intransparenten Strukturen, mangelhafter Organisation und fehlender Kommunikation. Häufig wird dabei dem Projektmanagement zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt.
In diesem ersten Teil unserer dreiteiligen Serie widmen wir uns den Grundlagen des erfolgreichen Projektmanagements, im zweiten Teil folgen Einblicke in Projektorganisation und Kommunikation, im dritten Teil schließlich betrachten wir das Risikomanagement.
Gute Vorbereitung zahlt sich aus
Projektmanagement gibt es nicht zum Nulltarif. Je nach Umfang und Dauer eines Projekts erfordert der Planungsprozess umfangreiche personelle und finanzielle Ressourcen beider Vertragspartner. Häufig wollen die Projektbeteiligten an dieser Stelle sparen. Softwareanbieter bemessen in ihren Angeboten die Aufwände für das erforderliche Projektmanagement zu knapp, um günstig anbieten zu können. Auftraggeber denken, dass in den Planungsprozessen Einsparungspotential bestehe, weil sie einen Standard eingekauft hätten.
Beide Vertragspartner übersehen dabei die Vorteile eines konsequenten Projektmanagements, zu dem auch die gründliche Planung gehört:
• Projektmanagement kann chaotische und widersprüchliche Einzelschritte, Doppelarbeiten und übereilte Notlösungen verhindern.
• Auswahlkriterien und Entscheidungsprozesse sind für alle offen gelegt.
• Das Risiko von Fehlentscheidungen wird verringert.
• Abweichungen, Störungen und Verzögerungen lassen sich besser und früher erkennen und durch rechtzeitige Maßnahmen abfangen und abmildern.
Mit Software Prozesse unterstützen
Wer sich mit IT-Projekten in Schieflage auseinandersetzen muss, hat häufig große Mühe, den Verlauf des Projekts zu rekonstruieren. Vereinbarte Erweiterungen des Leistungsumfangs können allenfalls durch die Auswertung der ausgetauschten E-Mails rekonstruiert werden und eine verlässliche Risikoabschätzung ist mangels belastbarer Dokumente kaum möglich. Sofern es überhaupt Protokolle von Besprechungen gibt, sind diese nicht unterzeichnet, die angeblich letzte Version ist noch im Word-Änderungsmodus. Für Berater ist kaum feststellbar, worauf sich die Vertragspartner geeinigt haben (könnten).
Das Managen und Überwachen eines IT-Projekts geht zwar auch ohne den Einsatz spezieller Software. Aber gerade bei komplexeren Projekten empfiehlt sich der Einsatz eines gemeinsamen Tools, das Organisation und Verwaltung von Ressourcen erleichtert und Abläufe unterstützt. Manche Projektmanagement-Software bietet darüber hinaus Kommunikationstools, eine zentrale Datenspeicherung für Dokumente (Berichte, Spezifikationen) und ermöglicht ein einheitliches Arbeitsumfeld für alle Beteiligten. Reibungsverluste aufgrund unterschiedlicher Formate und Standards lassen sich so vermeiden.
Die Zahl der Projektmanagement-Softwarelösungen ist groß und wächst stetig. Wichtig ist, dass sich die Vertragspartner auf eine für ihr konkretes Projekt passende Software verständigen und vereinbaren, dass die verwalteten Dokumente und Daten das gemeinsame Projektverständnis abbilden. Sie sollten sich Gedanken darüber machen, ob elektronisch ausgetauschte Dokumente dem Schriftformerfordernis gerecht werden und welche Verbindlichkeit den ausgetauschten Daten und Unterlagen zukommen soll. Vor einer abschließenden Entscheidung über den Einsatz einer solchen Software sollten sich die Vertragspartner vergegenwärtigen, wie eine solche Software arbeitet, welche Funktionalitäten genutzt werden und vor allem welche Anforderungen die Vertragspartner haben und welche Projektmanagement-Prozesse im Detail unterstützt werden sollen.
Projektmanagement vertraglich gestalten
Auch ohne die Diskussion um § 631 BGB und die Qualität von Software bergen Projekte erhebliche Risiken. Dies gilt bei der Entwicklung einer Individualsoftware ebenso wie bei der Anpassung und Implementierung von Standardsoftware. Das Gesetz selbst bietet keine ausreichende Rückfall-Position mit entsprechenden Steuerungsmechanismen. Abhilfe kann nur eine vertragliche Gestaltung schaffen, die sich an den Risiken im konkreten Einzelfall orientiert und ausgewogene Regelungen, die die Interessen beider Vertragspartner berücksichtigt, treffen sollte.
Mehr Sicherheit für die Vertragspartner
Um die Risiken in IT-Projekten einigermaßen beherrschbar zu machen, sind bereits bei der Vertragsgestaltung Methoden und Vorgehensweisen zu berücksichtigen, die beiden Vertragspartnern mehr Sicherheit bringen:
• Detaillierte und klare Spezifikationen, soweit möglich,
• ausführliche Projektplanung,
• Risikoanalyse des Projekts (vor dem Projektstart),
• begleitendes Qualitätsmanagement,
• begleitendes Controlling und Monitoring (laufend),
• ausführliche Tests, deren Zeitpunkt sich jeweils am von den Vertragspartnern gewählten Vorgehensmodell orientiert.
Bei all diesen Regelungen ist zu berücksichtigen, dass der Gegenstand des Projekts und das für die Projektdurchführung ausgewählte Vorgehensmodell die Eckpunkte für den Vertrag bestimmen und nicht eine vermeintlich sinnvolle rechtliche Gestaltung im Ergebnis das Vorgehensmodell bestimmt.
Zu den vertraglichen Steuerungselementen gehören insbesondere folgende Bausteine:
• Sachliche Bestimmungen über das Leistungsergebnis zusammen mit einem Projekt-Struktur-Plan oder Ablaufplan,
• Bestimmungen, wie Anforderungen im Einklang mit dem gewählten Vorgehensmodell ermittelt werden,
• Regelungen hinsichtlich der Änderungen des Leistungsinhalts im Sinne von Change Management (in Abstufungen nach Notwendigkeiten) und den entsprechenden Auswirkungen auf vereinbarte Termine und Vergütung,
• Arbeitsteilung und Abgrenzung zwischen den Beteiligten des Softwareanbieters und des Anwenders, soweit dies das Vorgehensmodell zulässt,
• Klare Gliederung des Projekts auch in Verbindung mit der Vergütungsabrede. Zu erreichende Meilensteine sollten klar definiert werden, so dass überprüfbar ist, ob das jeweilige (Teil-) Ziel erreicht ist und damit auch eine weitere (Teil-) Zahlung fällig ist,
• Abgestimmte Beschreibung von Test- und Prüfungsszenarien.
Koordinativ oder kooperativ?
Die Zusammenarbeit bei Projekten kann koordinativ oder kooperativ angelegt sein, mit allen Abstufungen dazwischen. Die koordinative Form ist gekennzeichnet durch abgegrenzte Parteiinteressen, eine Risikoaufteilung sowie eine beschränkte Informationsweitergabe. Obwohl bekannt ist, dass eine unsachgemäße oder gar unfaire einseitige Risikozuweisung die Wahrscheinlichkeit von Projektstörungen signifikant erhöht, ist diese Form weitverbreitet. Dasselbe gilt für restriktives Informationsverhalten, das als einer der Hauptgründe für gescheiterte Projekte angesehen wird. Eine kooperative Ausrichtung zeigt sich dagegen in einer ausgewogenen Lasten- und Risikoverteilung. Diese wird im Zweifel auch den neueren Vorgehensmodellen, vor allem Prototypen-Modellen sowie agilen Modellen besser gerecht.
Um eine erfolgreiche Durchführung von IT-Projekten nicht dem Zufall zu überlassen und Risiken gerade bei komplexen IT-Projekten zu minimieren, sollten die Vertragspartner bereits am Anfang die Weichen stellen und auch das Projektmanagement in den Verträgen verankern. Wir beraten Auftraggeber und Softwareunternehmen bei der Vertragsgestaltung und helfen ihnen dabei, von Anfang an relevante Themen und Aufgabenfelder zu identifizieren und vertraglich zu regeln.
Maren Bianchini-Hartmann, LL.M. (Fordham University School of Law), Rechtsanwältin | attorney-at-law (New York)
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