LegalTech: Neues Gesetz für mehr Verbraucherschutz

LegalTech-Anbieter versprechen Verbrauchern einen einfachen und günstigen Zugang zum Recht. Gerade Inkassodienstleister treten unter diesem Begriff auf und erbringen ihre Dienstleistungen vermehrt nach standardisierten Prozessen. Sie sind damit auch Treiber eines Wandels in der Branche, die sich von einem durch Rechtsanwälte bestimmten Markt der individuellen Rechtsberatung hin zu einem breiter aufgestellten Rechtsdienstleistungsmarkt entwickelt.

Die Rechtmäßigkeit der Geschäftsmodelle von LegalTech-Dienstleistern wurde in den vergangenen Jahren häufig in Zweifel gezogen. Kritik entzündete sich vor allem an der Finanzierung der Beratungsangebote. Denn bei der Preisgestaltung genießen LegalTech-Anbieter Freiheiten, die Anwälte bisher nicht haben - insbesondere beim Thema Erfolgshonorare und Verfahrenskosten.

Ein neues Gesetz soll nun mehr Rechtssicherheit schaffen. Vor allem aber soll es den Schutz der Verbraucher stärken, die ein LegalTech-Unternehmen mit der Durchsetzung von Forderungen beauftragen. Der Bundestag hat das Gesetz zur Förderung verbrauchergerechter Angeboteverabschiedet, das am 1. Oktober 2021 in Kraft tritt. Es hat sich zum Ziel gesetzt, die Transparenz und Verständlichkeit der LegalTech-Geschäftsmodelle zu erhöhen.

Mehr Transparenz bei Inkassodienstleistungen

Für Inkassounternehmen gibt es künftig eine Reihe von neuen Transparenzanforderungen. Zum einen müssen Inkassodienstleister bereits im Registrierungsverfahren die beabsichtigten Tätigkeiten darstellen, damit etwaige Meinungsverschiedenheiten über die Zulässigkeit des Geschäftsmodells möglichst bereits vor Aufnahme der Tätigkeit geklärt werden können.

Zudem müssen sie transparent machen, welche Finanzierungsoptionen sie anbieten sowie unter welchen Bedingungen und mit welchen Kosten ein Vergleich möglich sein soll. Bei der Vereinbarung eines Erfolgshonorars sind sie verpflichtet, ihren Aufwand anzugeben.

Beratung und Vertretung vor Gericht bleiben weiterhin den Rechtsanwälten vorbehalten, Inkassounternehmen dürfen diese Schritte jedoch anbahnen. Insgesamt ist nicht davon auszugehen, dass sich beide Seiten ins Gehege kommen. LegalTech-Anbieter werden sich schon aufgrund der Skalierbarkeit ihrer Geschäftsmodelle vor allem auf einfach standardisierbare Massenfälle fokussieren. Das Gesetz gibt keine Gewähr für hohe Beratungsqualität bei Inkassodienstleistern. Es verlangt ihnen im § 12 RDG nur sehr rudimentäre Rechtskenntnisse ab. In der Praxis zeigt sich, dass viele LegalTech-Anbieter die Durchsetzung des Rechts ernst nehmen und auch Fälle mit geringen Streitwerten bis in die höchsten Instanzen tragen.

Finanzierung – mehr Freiheiten für Anwälte

Bewegung gibt es nun bei der Finanzierung: den Erfolgshonoraren und bei der anwaltlichen Prozessfinanzierung. Das Gesetz ist von dem Gedanken bestimmt, dass sich Rechte der Verbraucher nur dann durchsetzen lassen, wenn sie die finanziellen Risiken abwälzen können. Wo Rechtsschutzversicherer und externe Prozessfinanzierer ihre Deckung versagen, müssen die Rechtsdienstleister selbst das Risiko übernehmen.

An den Freiheiten der Inkassodienstleister sollen nun auch die Anwälte teilhaben. Das Gesetz gestattet es ihnen, in größerem Umfang Erfolgshonorare zu vereinbaren und Verfahrenskosten zu übernehmen. Insbesondere werden sie beim Einziehen außergerichtlicher Forderungen den Inkassodienstleistern gleichgestellt. Anwälte können künftig für die Durchsetzung pfändbarer Geldforderungen bis maximal 2.000 Euro ohne weitere Begründung ein Erfolgshonorar vereinbaren. Über diesem Schwellenwert gibt das Gesetz Erfolgshonorare und die anwaltliche Prozessfinanzierung in allen anderen Bereichen frei, in denen Inkassodienstleister operieren können. Vermittlungsprovisionen bleiben jedoch für Anwälte verboten.

Fazit

Im Ergebnis hilft das neue Gesetz, den Leistungsumfang der LegalTech-Dienstleister zu klären. Sie erhalten zwar keine neuen Privilegien, doch das Modell des Verbraucher-Inkassos ist nun gesetzlich geregelt. Für die Präzisierung des Begriffs LegalTech und die Standardisierung von Rechtsdienstleistungen bietet das Gesetz einen guten Rahmen. Es macht auch deutlich, was LegalTech nicht leisten kann: nämlich individuelle Rechtsberatung bei komplexeren Fragestellungen. Hier bleiben wir Anwälte mit unserer fundierten Rechtskenntnis, fachlichen Spezialisierungen, Netzwerken und Erfahrungen weiterhin die relevante Anlaufstelle.

Maren Bianchini-Hartmann, LL.M. (Fordham University School of Law),
Rechtsanwältin | attorney-at-law (New York)
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