Die Grundsteuerreform: Ein neues Spielfeld (auch) für die Steuerfahndung?

Da kommt etwas auf die Häuslebauer und sonstigen Grundstückseigentümer im Land zu: Ab 2025 wird die Grundsteuer neu geregelt sein; „fair, einfach und verfassungsfest“ wie die Bundesregierung betont. Ein höheres Steueraufkommen soll die Novelle nicht mit sich bringen; eine Zusage, die manche sicher interessiert verifizieren werden. Jedenfalls wirft Neuregelung schon jetzt Ihre Schatten voraus, weil die Steuerpflichtigen schon in Kürze gegenüber den Finanzbehörden Angaben zur Berechnung der Grundsteuer machen müssen. Das birgt steuerstrafrechtliche Risiken, weil bewusst unrichtige oder unvollständige Erklärungen bereits jetzt den Tatbestand der Steuerhinterziehung erfüllen.

Hintergrund der Grundsteuerreform

Mit der Grundsteuer wird das Eigentum der rund 36 Millionen Grundstücke und Gebäude in Deutschland besteuert. Sie fällt jedes Jahr an und zählt zu den wichtigsten Einnahmequellen der Gemeinden, denen die Grundsteuer ausschließlich zugute kommt. Das Steueraufkommen betrug zuletzt knapp 14 Milliarden Euro.

Mit Urteil vom 10.04.2018 entschied das Bundesverfassungsgericht, dass die Grundsteuer mit dem Gleichheitssatz aus Art. 3 des Grundgesetzes unvereinbar und deshalb verfassungswidrig ist. Das Gericht war der Auffassung, dass die bisherigen Regeln zur Bewertung von Immobilien anhand des Einheitswertes die tatsächlichen Verhältnisse nicht zutreffend abbildeten. Zudem fehle es an einer regelmäßigen Wertermittlung, was zu einer Wertverzerrung und damit in zunehmendem Maße zu Ungleichbehandlungen führte, die weder durch einen hohen Verwaltungsaufwand noch durch das verhältnismäßig geringe Steueraufkommen zu rechtfertigen seien.

Das neue Modell zur Berechnung der Grundsteuer

Um das Steueraufkommen für die Gemeinden für die Zukunft zu sichern, musste der Gesetzgeber die Grundsteuer verfassungskonform reformieren. Resultat war das sog. „Bundesmodell“ zur Neuberechnung der Grundsteuer, das grundsätzlich – wie der Name vermuten lässt – bundesweit gilt, den einzelnen Bundesländer aber gestattet, ein eigenes Modell zur Berechnung der Grundsteuer zu beschließen.

Das Bundesmodell sieht vor, dass die bisherigen drei Stufen zur Ermittlung der Grundsteuer grundsätzlich erhalten bleiben:

Grundsteuerwert x Steuermesszahl x Hebesatz = Grundsteuer

Den Grundsteuerwert ermitteln die Finanzämter künftig anhand einer Reihe grundstücksbezogener Parameter. Zu den wertbildenden Faktoren zählen

• die Lage des Grundstücks (einschließlich Gemarkung und Flurstück),
• die Grundstücksfläche,
• der Bodenrichtwert,
• die Wohnfläche
• die Grundstücks- oder Gebäudeart sowie
• das Baujahr.

Anders als der alte Einheitswert wird der Grundsteuerwert maßgeblich vom Bodenrichtwert und einer statistisch ermittelten Nettokaltmiete beeinflusst.

Während die Steuermesszahl gesetzlich festgelegt ist, legen die Städte und Gemeinden den kommunalen Hebesatz selbst und flexibel fest. Der Hebesatz soll durch die Städte und Gemeinden so gewählt werden, dass die Grundsteuerreform aufkommensneutral bleibt. Für die einzelnen Steuerpflichtigen kann sich die Höhe der Grundsteuer jedoch ändern.

Die Mehrheit der Länder (Berlin, Brandenburg, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen) haben das Berechnungsmodell des Bundes vollständig übernommen. Sachsen und das Saarland weichen geringfügig (bei den Steuermesszahlen) von dem Bundesmodell ab. Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Hessen und Niedersachsen haben in größerem Umfang von der Öffnungsklausel Gebrauch gemacht und ein eigenes Besteuerungsmodell vorgestellt. Insbesondere wird hier nicht nach der Art der Immobilie gefragt.

Handlungsbedarf bereits ab 2022: Feststellungserklärung zur Ermittlung des Grundsteuerwerts auf den 1. Januar 2022

Auch wenn die Grundsteuerreform erst am 1. Januar 2025 in Kraft tritt, wird sie Grundstückseigentümer schon in diesem Jahr beschäftigen, da die neuen Grundstückswerte erstmals auf den 1. Januar 2022 festzustellen sind. Hierzu müssen die Steuerpflichtigen zwischen dem 1. Juli 2022 und dem 31. Oktober 2022 eine gesonderte Grundsteuererklärung elektronisch beim Finanzamt einreichen. Zur Abgabe dieser „Erklärung zur Feststellung des Grundsteuerwerts“ werden die Finanzämter in Kürze auffordern.

Grundsteuerwertbescheid und Grundsteuermessbescheid

Aus den Angaben in der Grundsteuererklärung berechnet das Finanzamt dann zunächst den Grundsteuerwert und stellt hierüber einen Grundsteuerwertbescheid aus. Zudem berechnet die Behörde anhand der Steuermesszahl den Grundsteuermessbetrag, den sie in einem Grundsteuer-messbescheid ausweist. Beide Bescheide sind Grundlagenbescheide, die noch keine Zahlungsaufforderung und keine Steuerfestsetzung beinhalten.

Grundsteuerbescheid von Stadt oder Gemeinde

Die Grundlagenbescheide dienen vielmehr der Festsetzung der Grundsteuer durch die Stadt oder Gemeinde, die die Besteuerungsgrundlagen in elektronischer Form von den Finanzämtern erhalten. Anhand dieser Daten ermitteln die Kommunen durch Multiplikation des Grundsteuermessbetrages mit dem Hebesatz die zu zahlende Grundsteuer, die mit Bescheid gegenüber dem Grundstückseigentümer festgesetzt wird.

Steuerstrafrechtliche Relevanz

Wegen Steuerhinterziehung wird u.a. bestraft, wer gegenüber den Finanzbehörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht (Tathandlung) und dadurch Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt (Taterfolg)

Mit seiner Erklärung zur Feststellung des Grundsteuerwertes macht ein steuerpflichtiger Grundstückseigentümer jedenfalls Angaben über steuerlich erhebliche Tatsachen, weil die Informationen über die wertbildenden Faktoren einer Immobilie unmittelbaren Einfluss auf die Höhe des Grundsteuerwertbescheides und Grundsteuermessbescheides und letztlich auch auf den Grundsteuerbescheid haben.

Eine Hinterziehungshandlung begeht also, wer in der Erklärung zur Feststellung des Grundsteuer-wertes schummelt, etwa indem er vorsätzlich eine zu geringe Wohnfläche, ein zu altes Baujahr oder wahrheitswidrig eine private Nutzung angibt, während das Grundstück tatsächlich geschäftlich genutzt wird. Und Achtung: Vorsatz in diesem Sinne setzt nicht die Absicht voraus, Steuern zu hinter-ziehen. Es genügt, dass der Steuerpflichtige erkennt, dass seine Erklärung möglicherweise unzutreffend ist, und er es trotzdem billigend in Kauf nimmt, dass seine Angaben zu einer zu geringen Steuerfestsetzung führen.

Der Hinterziehungserfolg aufgrund falscher Angaben in der Grundsteuererklärung wird auch nicht erst im Jahr 2025, d.h. mit Inkrafttreten der Grundsteuerreform eintreten, sondern bereits mit Erlass der Grundlagenbescheide (Grundsteuerwertbescheid und Grundsteuermessbescheid). Denn die Finanzämter stellen in diesen Bescheiden die Besteuerungsgrundlagen gesondert, d.h. bindend für die Städte und Gemeinden fest. Bei der endgültigen Festsetzung der Grundsteuer haben die Kommunen keine Möglichkeit, von den Grundlagenbescheiden abzuweichen. Damit führt bereits der unrichtige Grundlagenbescheid zu einem ungerechtfertigten Steuervorteil und zur Strafbarkeit wegen Steuerhinterziehung. Ein Strafbarkeitsrisiko besteht freilich noch früher: Der strafbare Ver-such der Grundsteuerhinterziehung beginnt schon mit Abgabe der vorsätzlich falschen Grundsteuererklärung. Ein Bescheid ist hierfür nicht erforderlich.

Grundstückseigentümer sind daher gut beraten, bereits die anstehenden Erklärungen zur Feststellung des Grundsteuerwertes mit der gebotenen Akkuratesse auszufüllen und „steueroptimierende“ Angaben zu unterlassen.

Wir beraten Grundstückseigentümer bei Fragen zur Grundsteuerreform, unterstützen bei der risikofreien Korrektur unzutreffender Erklärungen und verteidigen Beschuldigte in steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahren.

Dr. Hilmar Erb,
Fachanwalt für Strafrecht und Steuerrecht
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