Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch bei Nichteinhaltung der Lizenzbedingungen von FOSS-Komponenten

Neben etwaigen potenziellen Schadensersatzansprüchen zeigen sich bei Nichteinhaltung der Lizenzbedingungen von Free and Open Source Software (FOSS)-Komponenten die verschuldensunabhängigen Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche von besonderer Relevanz. Deren Durchsetzung kann indirekt zu einem Schaden führen, der nicht unterschätzt werden darf. Auch besteht die Gefahr eines damit einhergehenden Reputationsverlusts.

Verletzungsunterlassungsanspruch

Der Verletzungsunterlassungsanspruch besteht, wenn bereits ein Recht des Rechtsinhabers verletzt wurde und gleichzeitig Wiederholungsgefahr vorliegt. Eine bereits begangene Rechtsverletzung lässt vermuten, dass die Gefahr der Wiederholung durch den Störer besteht (sog. indizierte Wiederholungsgefahr). Die indizierte Wiederholungsgefahr kann vor allem durch die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung widerlegt werden.

Vorbeugender Unterlassungsanspruch

Beim vorbeugenden Unterlassungsanspruch hingegen muss der Rechtsinhaber als Anspruchsteller die konkrete Erstbegehungsgefahr nachweisen, etwa indem er Vorbereitungshandlungen oder eine Rechtsberühmung des Verletzters darlegt und beweist. Beispielsweise muss er – neben dem Nachweis der Rechtsverletzung selbst – den Beweis erbringen, dass etwa Produkte mit FOSS hergestellt und der Vertrieb vorbereitet wird. Im Gegensatz zum Verletzungsunterlassungsanspruch kommt eine bloße Vermutung der Erstbegehungsgefahr nicht in Betracht. Bei der Erstbegehungsgefahr bedarf es anders als bei der Wiederholungsgefahr keiner Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung. Es genügt eine ausdrückliche klare Abstandnahme von der unmittelbar bevorstehenden Rechtsverletzung.

Verschuldensunabhängiger Beseitigungsanspruch

Daneben existiert der Beseitigungsanspruch gem. § 97 Abs. 1 S. 1 Alt.1 UrhG. Einer Wiederholungsgefahr bedarf es nicht, da die Beeinträchtigung noch tatsächlich fortdauert. Für dem Beseitigungsanspruch müssen alle Umstände des Einzelfalls unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes berücksichtigt werden. Im Rahmen einer Interessenabwägung muss das Vernichtungsinteresse des Verletzten gegen das Erhaltungsinteresse des Verletzers abgewogen werden. Dabei ist die nachträgliche Erfüllung der Lizenzpflichten für die Beseitigung der Lizenzverletzung denkbar.

Anspruch auf Vernichtung und Rückruf

Eine besondere Ausprägung des Beseitigungsanspruchs ist der Anspruch auf Vernichtung und Rückruf. Der Rückruf erfolgt unter dem Vorbehalt der tatsächlichen und rechtlichen Einflussnahmemöglichkeit. Es besteht daher die Möglichkeit, den Einwand mangelnder Verfügungsgewalt zu erheben. Ein Erfolg ist gerade nicht geschuldet. Dies bedeutet, dass Beseitigung nur dann verlangt werden kann, wenn eine Beseitigungsmaßnahme besteht, die zur Störungsbeseitigung notwendig, geeignet und dem Rechtsverletzer auch zumutbar ist.

Aus Praxissicht muss beachtet werden, dass die Abgabe einer vertraglichen Unterlassungserklärung nicht zugleich eine vertragliche Rückrufpflicht begründet. Dies wird typischerweise weder in den Unterlassungserklärungen vorgesehen sein noch dem Interesse beider Vertragsparteien entsprechen. Die Konsequenz hiervon ist, dass das Unterlassen des Rückrufs bereits in den Handel gelangter verletzender Werkexemplare keinen Verstoß gegen eine Unterlassungsverpflichtungserklärung darstellt.

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Dr. Sebastian Horlacher, LL.M.
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