Familienrecht: Die ehebezogene Zuwendung – Teil 3: Praxisbeispiele

In eine Ehe übertragen die Partner einander häufig Anteile an materiellen Gütern. Doch was geschieht, wenn die Beziehung endet? Diese Frage spielt im Rahmen der sogenannten ehebezogenen Zuwendungen eine zentrale Rolle. In den ersten beiden Teilen unserer Artikelserie haben wir die wesentlichen Rahmenbedingungen und den Anwendungsbereich beleuchtet. In diesem dritten Teil stelle ich konkrete Praxisbeispiele vor.

Beispiel 1: Das unerwartete Ende

Thomas und Julia sind seit zehn Jahren verheiratet. Während ihrer Ehe hat Thomas Julia das Familienheim überschrieben, in der Annahme, dass dies ihrer gemeinsamen Zukunft zugutekommt. Doch als die Ehe scheitert, möchte Thomas das Haus zurück, da er der alleinige Finanzierer war. Eine schriftliche Vereinbarung dazu haben die beiden nicht geschlossen.

Nun muss das Gericht entscheiden, ob es sich bei der Übertragung um eine ehebezogene Zuwendung oder eine Schenkung handelte und ob Thomas Anspruch auf Rückübertragung hat. Ohne Beweise könnte Thomas Schwierigkeiten haben, seine Forderungen durchzusetzen.

Beispiel 2: Die großzügige Geste

Maria überträgt ihrem Ehemann Daniel zum fünften Hochzeitstag die Hälfte ihrer Aktienanteile aus ihrem Depot. Sie macht dies aus Liebe und Dankbarkeit, ohne jegliche Bedingungen. Als die Ehe einige Jahre später endet, beansprucht Maria die Aktien zurück, da sie nie die Absicht hatte, diese dauerhaft aus der Hand zu geben.

Da Maria Daniel die Aktien bedingungslos schenkte, stehen die Chancen schlecht, dass sie sie im Scheidungsfall zurückfordern kann.

Beispiel 3: Die gemeinsame Investition

Lena und Niklas beschließen, in ein gemeinsames Geschäftsprojekt zu investieren. Lena bringt das Startkapital ein, während Niklas mit seiner Expertise beiträgt. Sie vereinbaren mündlich, dass Lena im Falle einer Trennung ihr Geld zurückerhält. Als die Ehe auseinandergeht, streiten sie über die Bedingungen ihrer ursprünglichen Vereinbarung.

Das Beispiel zeigt, wie wichtig schriftliche Verträge sind, besonders wenn erhebliche Vermögenswerte beteiligt sind. Ohne klare Dokumentation kann die Durchsetzung der Ansprüche zu einem komplexen und strittigen Prozess werden.

Drei Prinzipien der ehebezogenen Zuwendung

Der Kernunterschied zwischen der ehebezogenen Zuwendung und der Schenkung liegt in der Erwartung und Absicht hinter der Vermögensübertragung. Um spätere Missverständnisse und Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden, ist es entscheidend, alle Bedingungen und Erwartungen klar und eindeutig in einem Vertrag festzuhalten. Dabei sollten Ehepartner folgende Prinzipien beachten:

  1. Spezifizität: Sämtliche Vereinbarungen sollten spezifisch und detailliert ausgearbeitet werden, um Unklarheiten und Interpretationsspielräume zu minimieren.

  2. Zukunftsorientierung: Berücksichtigen Sie mögliche zukünftige Szenarien, einschließlich der Beendigung der Ehe, und regeln Sie, wie in solchen Fällen mit den ehebezogenen Zuwendungen umgegangen werden soll.

  3. Fairness und Rechtmäßigkeit: Stellen Sie sicher, dass die Vereinbarungen fair sind und nicht gegen bestehende Gesetze verstoßen. Dies umfasst die Berücksichtigung von Scheidungsrecht und Vermögensaufteilung.

Angesichts der Komplexität der rechtlichen Fragen und der möglichen finanziellen Konsequenzen ist es ratsam, vor der Übertragung von erheblichen Vermögenswerten professionellen Rat einzuholen. Dies kann dabei helfen, informierte Entscheidungen zu treffen und die eigenen Rechte zu schützen. Wir beraten Ehepartner bei der Umsetzung und unterstützen sie bei der vertraglichen Gestaltung.

Bisher erschienen:

Rechtsanwältin Lea-Sophie Kindermann
Expertin für Familienrecht
E-Mail: kindermann@web-partner.de