Das Hinweisgeberschutzgesetz: Praktische Umsetzung im Unternehmen
Das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) soll Personen besser schützen, die in Organisationen oder Unternehmen auf Missstände oder illegale Aktivitäten hinweisen. Nachdem ich im ersten Teil meines Beitrags die Pflichten der Arbeitgeber vorgestellt habe, biete ich in diesem zweiten Teil konkrete Empfehlungen, um den gesetzlichen Anforderungen gerecht zu werden.
Anforderungen an Meldestellen
Unternehmen sind aufgefordert, interne Prozesse so zu gestalten, dass sie den gesetzlichen Vorgaben entsprechen. Das betrifft insbesondere die Einrichtung interner Meldekanäle. Das HinSchG lässt deren konkrete Ausgestaltung bewusst offen und gibt keine spezifischen Vorgaben darüber, wer diese Rolle ausfüllen soll. Dies gibt Unternehmen die Flexibilität, Lösungen zu finden, die ihren Bedürfnissen und Strukturen entsprechen. Generell sollten diese Kanäle so gestaltet sein, dass sie leicht zugänglich, verständlich und sicher sind. Folgende Aspekte sind dabei besonders zu beachten:
Zugänglichkeit: Stellen Sie sicher, dass alle Mitarbeiter, unabhängig von ihrer Position und ihrem Standort, Zugang zu den Meldekanälen haben. Dies kann durch Online-Plattformen, Hotlines oder Postfächer geschehen.
Anonymität und Vertraulichkeit: Der Schutz der Identität von Hinweisgebern ist essentiell, um deren Bereitschaft zur Meldung von Missständen zu fördern und sie vor Vergeltungsmaßnahmen zu schützen.
Klarheit und Verständlichkeit: Die Informationen zu Meldekanälen und Meldeprozessen müssen klar und verständlich kommuniziert werden. Mitarbeiter müssen genau wissen, wie sie eine Meldung erstatten können und was anschließend geschieht.
Unabhängigkeit und Fachkunde: Interne Meldestellen müssen unabhängig agieren und die nötige Fachkunde besitzen, um Hinweise adäquat zu bearbeiten. Mögliche Interessenskonflikte zum Beispiel bei Datenschutzbeauftragten oder in den Bereichen Compliance, Recht und Revision müssen vermieden werden.
Externe Meldestellen
Um Interessenskonflikten zu entgehen, können Unternehmen auch externe Dritte als Meldestellen beauftragen (sogenannte „externe interne Meldestellen“). Externe Berater, Prüfer, Gewerkschaftsvertreter oder Arbeitnehmervertreter können unter Verweis auf die Hinweisgeber-Richtlinie als Ombudspersonen eingesetzt werden. Externe interne Meldestellen verfügen oft über die erforderliche Unabhängigkeit und Fachkunde. Sie bieten eine etablierte Infrastruktur für die Bereitstellung der Meldekanäle und die Beachtung der Vorgaben des HinSchG.
Nachteile der externen internen Meldestellen sind:
Eingeschränkte Entscheidungsbefugnis: Ein externer Dritter kann nicht entscheiden, ob und wie auf einen stichhaltigen Hinweis reagiert wird. Dies erfordert eine frühzeitige Überführung des Verfahrens an den Beschäftigungsgeber selbst.
Interne Untersuchungen: Externe Dritte sind in ihrer Fähigkeit eingeschränkt, interne Untersuchungen durchzuführen, da sie nicht über die gleichen Zugänge und Kenntnisse des Unternehmens verfügen.
Umsetzung von Folgemaßnahmen: Ein externer Dritter kann einen etwaigen Verstoß nicht abstellen. Folgemaßnahmen müssen vom Beschäftigungsgeber selbst durchgeführt werden.
Die Entscheidung, ob interne Meldestellen intern betrieben oder an externe Dritte ausgelagert werden, sollte unter Berücksichtigung der spezifischen Unternehmensstruktur, der erforderlichen Unabhängigkeit und Fachkunde sowie der praktischen Durchführbarkeit getroffen werden. Unabhängig von der gewählten Form bleibt die Pflicht zum Abstellen eines Verstoßes und die Informationspflicht grundsätzlich beim Beschäftigungsgeber.
Umgang mit Meldungen
Sobald eine Meldung eingeht, muss diese sorgfältig und unvoreingenommen untersucht werden. Dabei sind folgende Schritte wichtig:
Eingangsbestätigung: Bestätigen Sie den Eingang der Meldung umgehend, sofern die Identität des Hinweisgebers bekannt ist.
Untersuchungsverfahren: Legen Sie ein Verfahren für die Handhabung der Meldungen fest. Dies beinhaltet die Prüfung der Vorwürfe, die Durchführung von Untersuchungen und die Dokumentation des Prozesses.
Maßnahmen und Rückmeldung: Ergreifen Sie je nach Ergebnis der Untersuchung angemessene Maßnahmen und informieren Sie den Hinweisgeber über die Ergebnisse und die getroffenen Maßnahmen, sofern dies ohne Gefährdung der Vertraulichkeit möglich ist. Es gilt eine dreimonatige Rückmeldungsfrist, die auf bis zu sechs Monate ausgeweitet werden kann.
Schulung der Mitarbeiter
Eine erfolgreiche Implementierung des Hinweisgeberschutzgesetzes erfordert strukturelle und kulturelle Veränderungen. Das beinhaltet:
Informationsveranstaltungen: Organisieren Sie Schulungen und Workshops, um Mitarbeiter über ihre Rechte und Pflichten sowie über die Bedeutung und Funktionsweise des Hinweisgebersystems aufzuklären.
Förderung einer offenen Unternehmenskultur: Ermutigen Sie zu einem offenen Dialog über ethische Fragen und den Umgang mit Missständen. Eine Kultur, in der Mitarbeiter sich sicher fühlen, ihre Bedenken zu äußern, ist grundlegend für den Erfolg des Hinweisgeberschutzgesetzes.
Regelmäßige Überprüfung und Anpassung: Die Effektivität der implementierten Maßnahmen sollte regelmäßig überprüft und angepasst werden. Dies gewährleistet, dass das System aktuell bleibt und kontinuierlich verbessert wird.
Durch die Einrichtung effektiver Meldekanäle, einen verantwortungsvollen Umgang mit Meldungen und die Förderung einer offenen Unternehmenskultur können Unternehmen nicht nur den gesetzlichen Anforderungen gerecht werden, sondern auch das Vertrauen ihrer Mitarbeiter und der Öffentlichkeit stärken.
Wir unterstützen Unternehmen dabei, die gesetzlichen Vorgaben des Hinweisgeberschutzgesetzes zu erfüllen, ein effektives Meldesystem einzurichten und die Mitarbeiter entsprechend zu schulen.
Bisher erschienen:
Erkan Elden, Bachelor of Science, Fachanwalt für Steuerrecht, Fachanwalt für Familienrecht
elden@web-partner.de