Anspruch auf Homeoffice?

Was Arbeitnehmer und Arbeitgeber in der Corona-Pandemie berücksichtigen müssen

Das Coronavirus hat unser Arbeitsleben fest im Griff. Um die Verbreitung des Virus zu verlangsamen und ihre Mitarbeiter zu schützen, haben viele Unternehmen ihren Mitarbeitern die Möglichkeit gegeben, zu Hause oder an anderen Orten außerhalb der Arbeitsstätte zu arbeiten. So ist die Nutzung von Homeoffice in der Coronakrise deutlich gestiegen, wie das Bayerische Forschungsinstitut für Digitale Transformation in einer repräsentativen Studie ermittelt hat. Demnach arbeiteten im März 43 Prozent der Befragten teilweise im Homeoffice. Im Juni waren es immerhin noch 39 Prozent der Befragten – im Vergleich zu 35 Prozent vor dem Ausbruch der Pandemie.

Telearbeit oder Mobile Office?

Für die Arbeit außerhalb der betrieblichen Arbeitsstätte gibt es unterschiedliche Bezeichnungen. Das Gesetz spricht von Telearbeit. Wenn ein Arbeitnehmer seine Leistung ausschließlich von seinem Wohnsitz aus erbringt, spricht man von Teleheimarbeit oder auch häuslicher Telearbeit bzw. vom Homeoffice. Wenn dem Arbeitnehmer darüber hinaus ein Arbeitsplatz in der Firma zur Verfügung steht und er beides nutzen kann, wird dies auch als alternierende Telearbeit bezeichnet.

Mobile Arbeit oder Mobile Office bezeichnen hingegen das ortsungebundene Arbeiten etwa im Café, in der Bahn oder im Hotel. Hier kann der Arbeitnehmer weitgehend frei entscheiden, wo er seine Arbeitsleistung erbringt.

Rechtliche Grundlage erforderlich

Wenn ein Arbeitnehmer außerhalb seiner Betriebsstätte arbeitet, braucht es eine rechtliche Grundlage. Unproblematisch ist dies, wenn beide Parteien dem zustimmen. Eine solche Vereinbarung kann im Arbeitsvertrag oder einer gesonderten Vereinbarung festgehalten werden. Ein solches Recht auf Homeoffice existiert aktuell nicht. Das möchte Arbeitsminister Hubertus Heil ändern. Nach seinem aktuellen Vorschlag sollen Arbeitnehmer einen Rechtsanspruch auf mindestens 24 Tage Homeoffice im Jahr haben, wo immer es möglich sei. Mit seinem Vorstoß hat er eine kontroverse Debatte ausgelöst.

Ansprüche des Arbeitnehmers

Arbeitnehmer haben (bisher) keinen allgemeinen gesetzlichen Anspruch darauf, vom Homeoffice aus tätig zu werden. Wenn der Arbeitsort nicht bestimmt wurde, hat der Arbeitgeber das Recht ihn festzulegen. Er ist nicht verpflichtet, einem Wunsch nach einer Tätigkeit im Homeoffice oder Mobile Office zu entsprechen.

Allerdings können Arbeitnehmer ein berechtigtes Interesse daran haben, ihre Arbeitsleistung von zu Hause aus zu erbringen. Dies kann der Fall sein, wenn der Arbeitnehmer zu einer Risikogruppe gehört oder er Betreuungs- und Pflegeverpflichtungen gegenüber nahen Angehörigen hat. Die Pflicht zur Rücksichtnahme (§ 241 II BGB) kann es gebieten, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Leistungserbringung an einem anderen Ort als der Betriebsstätte ermöglicht. Auch wenn die Betriebsstätte als Arbeitsort festgelegt wurde, kann der Arbeitgeber aufgrund seiner Rücksichtnahmepflicht verpflichtet sein, der Tätigkeit eines Arbeitnehmers im Homeoffice zuzustimmen, wenn diesem die Arbeitsleistung andernfalls unmöglich oder unzumutbar wäre.

Abwägen im Einzelfall

Im Einzelfall muss man zwischen den Interessen des Arbeitnehmers und den arbeitsvertraglichen Pflichten abwägen. Die aktuelle Corona-Situation kann die Gewichtung zugunsten des Arbeitnehmers verschieben, etwa wenn Schulen und Kitas geschlossen sind und alternative Betreuungsmöglichkeiten wegen des Kontaktverbots ausscheiden. Der Arbeitgeber ist
grundsätzlich gehalten, dem Arbeitnehmer im Rahmen des tatsächlich Möglichen entgegenzukommen, vor allem dann, wenn ein Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung
andernfalls nicht erbringen könnte.

Auf der anderen Seite können betriebliche Gründe und Rücksichtnahmepflichten den Interessen des Arbeitnehmers entgegenstehen. So kann es erforderlich sein, dass eine Mindestzahl an Beschäftigten vor Ort in der Betriebsstätte ist, um den Betrieb aufrechtzuerhalten. Dann muss der Arbeitgeber zunächst den schutzwürdigeren Arbeitnehmern (etwa denjenigen mit relevanten Vorerkrankungen) eine Homeoffice-Tätigkeit ermöglichen.

Einführung durch den Arbeitgeber

Für den Arbeitgeber kann es viele Vorteile haben, Beschäftigte ihre Arbeitsleistung ganz oder
zum Teil außerhalb der betrieblichen Arbeitsstätte erbringen zu lassen. Das ist gerade in der gegenwärtigen Krise von praktischer Relevanz. Die Einrichtung eines Homeoffice kann der Arbeitgeber nach Auffassung einiger Gerichte im Grundsatz jedoch nicht einseitig anordnen. Dies gilt u. E. jedoch nicht, wenn, wie in der aktuellen Pandemie, die Arbeit am eigentlichen Arbeitsplatz nicht möglich ist. Der Arbeitgeber kann dann wohl verlangen, dass der Arbeitnehmer beispielsweise mit einem ihm überlassenen Computer seine Arbeitsleistung vorübergehende mobil zu erbringen hat.

Verantwortung für Sicherheit und Gesundheit

Der Arbeitgeber hat die Verantwortung für die Sicherheit und Gesundheit aller Beschäftigten. In der aktuellen Krisensituation muss er daher alle ihm möglichen und zumutbaren Maßnahmen ergreifen, um eine gesundheitsunschädliche Arbeitsumgebung innerhalb der Betriebsstätte zu gewährleisten. Das gilt insbesondere für Arbeitnehmer, die zu einer einschlägigen Risikogruppe gehören und daher eines besonderen Schutzes bedürfen.

Für die Dauer der akuten Gefährdung kann die Anweisung des (teilweisen) Arbeitens aus dem Homeoffice billigem Ermessen entsprechen. Für die Dauer der Corona-Pandemie ist die Weisung zum Arbeiten im Homeoffice daher rechtmäßig, soweit keine arbeitsvertragliche Vereinbarung existiert, die dem entgegensteht.

Alternativ kann der Arbeitgeber auch seine Arbeitnehmer anweisen, mobile Arbeit außerhalb der Betriebsstätte zu leisten. Da er damit den Arbeitsort nicht vorgibt – insbesondere nicht innerhalb der
Wohnung des Arbeitnehmers, stellt dies keinen Eingriff in Artikel 13 des Grundgesetzes dar. Der Arbeitgeber ist allerdings unter Umständen verpflichtet, für die technische Ausstattung des Arbeitnehmers und den Schutz sensibler Daten zu sorgen.

Flexibilität gefragt

In der aktuellen Krise haben Arbeitgeber die rechtliche Möglichkeit und teilweise auch die Pflicht, ihre Beschäftigten ins Home-Office zu versetzen. Einen Anspruch der Arbeitnehmer auf eine Tätigkeit im Home-Office gibt es hingegen nur in wenigen Ausnahmefällen. Die oft kritisierte Rechtsunsicherheit im Arbeitsrecht kann sich in der aktuellen Situation als Vorteil erweisen. Sie ermöglicht flexiblere Anpassungen an neue Entwicklungen. Wichtig ist es, dass beide Seiten in der aktuellen Situation schnell reagieren können und Ausnahmen im Einzelfall gewährleisten. Gerne stehen wir Ihnen bei allen arbeitsrechtlichen Fragen rund um Corona und das Homeoffice zur Verfügung.

Erkan Elden, Bachelor of Science, Fachanwalt für Steuerrecht, Fachanwalt für Familienrecht
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Timm Frauenknecht, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Fachanwalt für Familienrecht
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